L e b e n s m u t
 
Herzlich willkommen auf der Homepage von Traugott Giesen, ehem. Pastor in Keitum auf Sylt!

Aktuelles

Predigten
Kolumnen
Bibelenergie
Tägliche Losung
Gastpredigten
 

Archiv

Nachhören
Archiv Predigten
Archiv Kolumnen
Themenverzeichnis
Weitere Texte
Bibelstellen
Aufgelesenes
 

Informationen

Bücher
Links
 

Kontakt
Emailkontakt
Webmaster
Gästebuch
Impressum

Besucher seit
12.03.2001
0961401

Keitumer Predigten   Traugott Giesen   21.04.2002

Isaaks Opferung 2. Teil

Hochdramatisch schwingt in uns die Frage: Warum lässt Gott das Leid zu, warum passiert das und das gerade mir? Was will Gott mir damit sagen? Will er mich prüfen?
Aber Leid ist Mangel, Leid ist nicht Strafe, Leid ist auch kein Prüfmittel zur Bewährung.

Und doch erzählen zwei große Geschichten der Bibel, dass Gott die Menschen prüfe mittels Leid: Einmal die Rahmenhandlung von Hiob; eine Teufelsfigur darf da Hiob quälen. Aber Hiob glaubt nicht an einen Gott, der die Menschen erst prüfen müsste, um sie zu kennen; er ruft seinen Erlöser zu Hilfe gegen die Dämonen in
seinem Inneren.
Die schärfste Geschichte von einer mutmaßlichen Versuchung ist die von Isaaks Opferung. Aber diese Geschichte erzählt gerade nicht Isaaks Opferung, sondern sie beschreibt eine wunderbare Schwelle in der Menschheitsgeschichte: Das Menschenopfer wird vom Gott Abrahams abgelöst durch ein dargebrachtes Tier. Damit wäre die Geschichte passé, als Wendemarke vom Menschen- zum Tieropfer ist sie Historie. Doch sie greift noch immer ans Herz. Sie erzählt von einem Helden der Menschheit. Sie gibt frischen Nährstoff für unsere Seelen. Als Beispiel für starken Glauben ist sie atemberaubend gültig.

Der große dänische Religionsphilosoph Sören Kierkegaard schrieb im Jahr 1843 eine Lobrede auf Vater Abraham. Sie ist sehr intensiv. Hört ihr ein Stück zu:
"Wenn kein ewiges Bewußtsein wäre im Menschen, wenn allem nichts als eine wild gärende Macht zugrunde läge, die in dunklen Leidenschaften sich windend,alles hervorbrächte, was groß ist und was gering ist; wenn eine abgründige Leerheit, nimmer zu sättigen, sich unter allem verbärge, - was wäre dann das Leben anders als Verzweiflung? Wenn es so wäre, wenn es kein heiliges Band gäbe, welches die Menschheit verknüpfte, wenn ein Geschlecht nach dem andern (nur) erstünde wie Blätter im Walde, wenn das eine Geschlecht das andere ablöste (nur) wie Sang der Vögel, ja, wenn das Menschengeschlecht über die Erde ginge, wie das Schiff über das Meer geht, wie der Sturm über die Einöde, ein gedankenloses und fruchtloses Tun und Treiben, wenn ein ewiges Vergessen allezeit hungrig auf Beute lauerte und es keine Macht gäbe, stark genug, sie ihm zu entreißen - wie leer wäre dann das Leben, wie trostlos.
Aber darum ist es auch nicht so. Gleichwie Gott Mann und Frau erschuf, bildete er den Helden und den Dichter oder Redner. Denn... keiner soll vergessen sein, der groß gewesen in der Welt; und jeder ist groß auf seine eigene Weise, jeder ist es nach dem Maß, der Größe, die er liebt... Jeder soll sein Gedenken finden, aber jeder wird groß nach dem Maß dessen, das er erwartet... Jeder soll sein Gedenken finden, aber jeder ist groß ganz nach dem Maß der Größe, mit der er streitet... Liebt einer Gott, erwartet einer Gott, streitet einer mit Gott, ist er größer als alle...
Darum ist von Abraham die Rede bis heute. Abraham liebt Gott, erwartet ihn, streitet mit ihm, darum ist Abraham größer als andere Menschen. Durch den Glauben wanderte Abraham aus seiner Väter Land und ward ein Fremdling im Land der Verheißung... Zurück ließ er seinen Verstand, den Glauben nahm er mit... er ließ zurück, was ihn erinnerte an das, was ihm lieb war. Alles versuchte er mit der Neuheit seiner Seele zu wehmütigem Sehnen; er, Gottes Auserwählter, an dem er Wohlgefallen hatte....Durch den Glauben empfing Abraham die Verheißung, dass in seinen Nachkommen gesegnet sein sollten, alle Geschlechter auf Erden....

Es dauerte, die Zeiten vergingen. Doch, von Abraham haben wir kein Trauerlied. Er zählte nicht wehmütig die Tage, sah nicht mit argwöhnischem Blick auf Sara, er hieß nicht die Sonne stille stehen, damit Sara nicht grau werde. Abraham ward alt und Sara des Landes Spott, und doch war er Gottes Auserwählter, Erbe der Verheißung, dass in seinem Samen gesegnet sei die ganze Menschheit. Und Kierkegaard fragt: "Wäre es dann nicht besser gewesen, nicht Gottes Auserwählter zu sein?" Die Mühen, die Verzichte, alles verlassen, dem Glauben der Heimat abtrünnig werden, wo man dem Mond glaubte, ihn als Abbild der Hirtengötter sah, die jedes Jahr wiederkehren ließen die Fruchtbarkeit der Felder und der Herde. Er verließ einen Mondgott von Haran, und alle lachten ihn aus, wie sie Noah verlachten, der tief im Lande, weit weg vom Wasser ein Riesenschiff baute. Abraham mit Frau Sara machte sich auf den Weg, und wusste nicht wohin, wusste nur, wer ihm vorausgehe: der Gott, der's ihm schon zeigen werde, wo es lang geht, der Gott, der anbahnt die Zukunft. Die soll gesegnet sein durch ein großes Volk, das von Abraham und Sara abstammt.

Doch jedes Volk beginnt mit einem Kind, mit zumindest einem, dem ersten. Das eben ließ auf sich sehr warten und leicht hätte Abraham zu Gott sagen können: "So ist es doch wohl dein Wille nicht, dass es geschehen soll, so will ich denn den Wunsch aufgeben; er war mein Ein und Alles, meine Seligkeit. Hätte Abraham verzichtet, er würde nicht vergessen sein, er würde ein Vorbild für Loslassen von Wünschen sein... Aber Vater des Glaubens wäre er nicht geworden. Denn es ist groß, seinen Wunsch aufzugeben, doch es ist größer, ihn festzuhalten, nachdem man ihn aufgegeben hat." So Kierkegaard. Und weiter: Aber Abraham glaubte, darum ist er jung gewesen. Gepriesen sei Sara, wiewohl schon betagt, war jung genug die Freuden der Mutterschaft zu begehren und Abraham, der Graukopf war jung genug für den Wunsch, Vater zu sein. Der Glaube hat ihnen das Wünschen erhalten, Sara war Braut zu der Goldhochzeit Tag. So Kierkegaard.
Das Kind ward geboren, das erste Bindeglied hin zum Volk der Verheißung ersproßte. Doch die Bedrohung der Verheißung blieb, wie jedes Kind durch Schicksal gefährdet bleibt. Und darüber hinaus ist dieses Kind bedroht durch den Vater, der sich bedrängt sieht durch Gott.

An Jesus geschult ist uns das unfassbar: Gott kann keinen Mord verlangen, dazu noch am eigenen Kind. Selbst wenn er nur Abrahams Gehorsam hätte prüfen wollen, oder sein Vertrauen - es wäre sadistisch. Und wenn ein solcher Befehl dir oder deinem Volk ins Hirn fährt, ist das nicht Gottes Wille, das wissen wir, nach Hitler hoffentlich für allezeit. Und was war mit Jesu Tod, wollte den der Vater? "Mein Vater - wenn dieser Kelch an mir nicht vorüber gehen kann, ohne dass ich ihn trinke, geschehe dein Wille"(Matthäus 26,42)! Gott wollte nicht Jesu Tod am Kreuz, auch nicht den Tod des Barrabas. Du sollst nicht töten! - gilt doch. Aber Menschen gehen über Gottes Gebot hinweg. Jesus mußte sterben, weil die Herrschenden ihn loswerden wollten, vielleicht auch nur, weil Kaiphas nicht wusste, wie er sonst das Volk ruhig halten konnte. Jesus weiß, er muß seinen Weg als Zeuge Gottes gehen bis in den Tod.
Kann da eine Ähnlichkeit bei Abraham und Jesus sein? Auch Abraham weiß, er muß seinen Weg als Zeuge Gottes gehen, auch wenn Gott ihm verdunkelt ist bis ins Grauen; Jesus weiß, ich bleibe bei Gott. Und Abraham weiß: Gott ersieht sich, was kommt.

Jedenfalls kein Opfer ist nötig, um Gott gnädig zu stellen, weder das Opfer des Gottessohnes, noch des Abrahamsohnes. Auch verlangt Gott nicht das Opfer deines Glückes, du musst dir Gottes Gunst nicht verdienen; Gott liebt dich. Aber es kann sein, dass er mich, dich braucht auf Kosten unseres persönlichen Glückes.- Jeder Feuerwehrmann muß retten - das ist seine Berufung; auch retten unter Einsatz seines Lebens. Auch Vater, Mutter springen ihrem ertrinkenden Kind hinterher, unter Gefahr fürs eigene Leben. Wer befiehlt das? Gott? Gott befiehlt es indirekt, weil es so eingerichtet ist, dass dein persönliches Glück nur
gelingen kann bei Rettung des Kindes.

Wie Gott dir, mir das Wunschradar ordnet, dir, mir Verheißung zu Herzen bringt, ist sein Geheimnis. Es kann sein, dass du, ich in Situationen geführt werden, da kommen wir nicht ohne Schuld durch. Da müssen wir durch und können nur hoffen, Gott sieht, Gott ersieht sich eine Rettung. Auch Jesus: Er sieht sich ans Kreuz gehängt, die es tun, wissen nicht was sie tun. Jesus vertraut: Gott rechne meine Unschuld ihrer Schuld zugute, Gott ersieh sich einen Sinn dafür. So auch Abraham: Ich verstehe dich nicht. Aber Gott ersieht den Ausgang. Abraham glaubt Gott, dass er der Liebe die Zukunft ausbreitet - Segen der ganzen Menschheit stiftet, durch das, was Gott jetzt mit Abraham tut. Auch wenn es das Gegenteil zu sein scheint. Abraham hört nicht auf, an Gott zu hängen, auch wenn er durch Leid geschleift wird. Abraham glaubt an seine Berufung durch Gott, Vater der Völker zu werden, auch wenn ihm zugemutet wird, seinen Sohn von sich zu stoßen. Er glaubt an Gott den Geber, auch wenn er die Gabe zurückgeben muß.

Abraham lässt los und bekommt wieder. Nicht dass Gott ihn für seinen Gehorsam belohne, aber das gottvolle Leben belohnt die nicht klammern. Frei gelassene Kinder kommen wieder. Und ein Leben, das zurück will in die Hände, die es gab, macht neuem Leben den Platz frei. "Die Liebe kommt in neuen Kleidern wieder", die Vorsehung ersieht sich eine gute Fortsetzung. Abraham glaubt Gott als den Guten Ganzen, auch wenn die Realitäten gegen Gott sprechen. Das macht Abraham zum Vater des Glaubens für das ewige Bewusstsein im Menschen. Eine Scheibe seines Glaubens wollen wir uns abschneiden. Amen

(S. Kierkegaard: Furcht und Zittern; Eugen Drewermann: Ich lasse Dich nicht. )


 




Service

Startseite
Druckvorschau

Presse-Feed EKD

© 1996-2024 Evangelische Kirche in Deutschland
Weitere News...  

 
Online 12