L e b e n s m u t
 
Herzlich willkommen auf der Homepage von Traugott Giesen, ehem. Pastor in Keitum auf Sylt!

Aktuelles

Predigten
Kolumnen
Bibelenergie
Tägliche Losung
Gastpredigten
 

Archiv

Nachhören
Archiv Predigten
Archiv Kolumnen
Themenverzeichnis
Weitere Texte
Bibelstellen
Aufgelesenes
 

Informationen

Bücher
Links
 

Kontakt
Emailkontakt
Webmaster
Gästebuch
Impressum

Besucher seit
12.03.2001
0000988

Keitumer Predigten   Traugott Giesen   17.11.2002

1. Könige 19,15-19; 2. Könige 2, 1-14 Berufung des Elisa. Die Entrückung des Elia

Das mir schönste Wort für Verstorbene ist: "Die Entschlafenen" - also die wir entschlafen sahen. Mit friedlichem Ausdruck bleibt der Leib, der "Reisesack des Lebens" (R. Musil) zurück. Wir glauben sie vom Tod errettet, es gibt keine Toten, auf Erden nicht, im Himmel nicht. Es gibt für kurze Zeit noch den Leichnam, den ausgeglühten Leib. Aber er, die Person, sein Leben ist erhoben in die Liebe, dem Jesus nach, dem "Erstling der Entschlafenen" ( 1. Korinther 15,20).
Auch ihrem Tod ist die Macht genommen, das Leben und das unvergängliche Wesen ist ans Licht gebracht. Ja, letztlich müssen wir das Leben hergeben, um es zu retten. "Wenn das Weizenkorn nicht zur Erde kommt und stirbt, bleibt es allein, so aber bringt es viel Frucht" (Johannes 12,24). Wir wissen nicht, wo und wie - Gott ist unser Jenseits, aber wir haben noch viel vor uns.

Davon erzählt weit vor Christus schon die Entrückung des Propheten Elia in dem Feuerwagen - erzählt wird die Verwandlung des sterbenden Elia. Tauchen wir ein in die Erzählung der Bibel, wohl 2800 Jahre zurück:

"Aber der HERR sprach zu Elia: Geh nach Damaskus und salbe Hasaël zum König über Aram und Jehu, den Sohn Nimschis, zum König über Israel und Elisa, den Sohn Schafats, von Abel-Mehola zum Propheten an deiner statt.

Und Elia ging und fand Elisa, den Sohn Schafats, als er pflügte mit Jochen Rinder. Und Elia ging zu ihm und warf seinen Mantel über ihn. Da verließ er Pflug und Rinder und folgte Elia nach und diente ihm."

Zu den Aufgaben des Propheten Elia gehörte es, Könige zu benennen und auch einen Nachfolger zu weihen. Elia hat eine Eingebung, seine Autorität leuchtete, dann war der König gesalbt und allein gelassen.- Anders die Berufung seines Nachfolgers. Einzigartig persönlich verlief sie: Er warf ihm seinen Mantel, seine Kutte, seinen Talar, sein Gewand über. Da gab es nichts zu deuteln. Vielleicht war er speckig, verfilzt vielleicht ein bunter Rock mit Goldschnüren und Adlerfedern wie eine heilige Rüstung zugerichtet, vielleicht Bilder der Rettung eingewebt, jedenfalls, war es das Ornat des Propheten, das verleiht dem Träger Macht, das Amt zu bekleiden. Auch viel Persönliches war in dieses Gewand eingewebt, Schweiß des Gotteskampfes, Tränen der Reue, Spuren von Entbehrung. Jetzt überträgt er den Mantel des Amtes.

Was geben wir unsern Kindern weiter oder unsern Nachfolgern? Gibt es Schätze, die wir übertragen und dann schützen oder befähigen sie die Träger? Es ist doch mehr als Erinnerung, wenn ich als Pastor am Schreibtisch meines Vaters sitze, der auch schon Pastor war. Oder wenn man den Ring des Mannes weiterträgt. Es ist ein Geheimnis, wie wir einander Geist weitergeben - in Form eines Mantels, das ist eher unüblich bei uns. Aber als Elisa sich eingewickelt sah in den Prophetenmantel des Elia war sein Leben an der Wende: Er folgte Elia und diente ihm.

"Der HERR wollte Elia gen Himmel holen und Elia wusste, dass es zum Sterben geht. Da sprach Elia zu Elisa Bleib du hier, der HERR schickt mich über den Jordan."-

Über den Jordan gehen als Begriff fürs Sterben, das kommt aus dieser Geschichte - über den Jordan, hin zu Mose. Der durfte nicht mit ins Gelobte Land, als die Kinder Israels über den Jordan nach Westen zogen. Vielleicht war mit "über den Jordan gehen" auch der Wunsch verbunden, von Gott selbst begraben zu werden. So ist es im 5. Mose Kapitel 34 gesagt. Und ganz schön ist da von Mose gesagt: "Seine Augen waren nicht trübe geworden und seine Frische war nicht von ihm gewichen. Sein Grab aber kennt niemand bis auf den heutigen Tag". Dass Gott ihn selbst begräbt ist ein wunderbares Bild: Gott stellt den Frieden zwischen sich und dem Menschen sicher. Wir werden nicht vom Tod, sondern von Gott mittels Tod aus diesem Leben hinweggenommen. Soviel zum Begriff: "über den Jordan gehen".

"Also Elia sagt seinem Elisa- Ich muß sterben und will das alleine. Er aber sprach: Ich weiß, dass du stirbst. aber so wahr der HERR lebt und du lebst: Ich verlasse dich nicht. Und es gingen die beiden miteinander."

Ein ganzes Buch steckt doch in diesem einen Satz: "Ich verlasse dich nicht - und gingen die beiden miteinander." Hier klingt an, wie Liebenden der Tod widerfährt: "Treue und Trauer, Wissen und Schweigen, Einheit und Abschied ist bei ihnen. Der Tod verfügt über die schreckliche Macht, Menschen auseinander zu reißen, die mit tausend Seilen der Liebe aneinander gebunden sind und in Ewigkeit nicht von einander lassen können, ihnen muß der Tod erscheinen als ein Alleszerstörer" (E. Drewermann), von dem Barockdichter Johannes von Tepl (im Ackermann aus Böhmen) klagt: Grimmiger Tilger aller Leute, schändlicher Ächter aller Wesen, schrecklicher Mörder - Tod, euch sei geflucht… Denn Ihr habt meiner Wonnen lichte Sommerblume mir aus meines Herzens Augen ausgejätet… Ihr habt meines Glückes Halt entwendet… Frisch und froh war ich vormals… ein jedes Jahr war mir ein gnadenreiches Jahr… Nun wird zu mir gesprochen: kratz ab, der Wind treibt mich, die Wellen haben Oberhand gewonnen, mein Anker haftet nirgens. Drum will ich endlos schreien: Tod, sei verflucht."

Es gibt gute Gründe, dass der Tod sein muß, irgendwann, aber es gibt keinen Frieden zwischen Liebe und Tod. "So nötig der Tod auch immer ist in der Ordnung der Welt, so ist der Tod ein Skandal in der Ordnung des Herzens" (E. Drewermann). Und so muß die Liebe doch erzählen von einem Heilwerden durch den Tod, wir müssen doch als Liebende, liebevoll vom Sterben des Geliebten erzählen. Und die Erzählung des Elisa vom Hinweggerafft werden des Elia ist eine der schönsten Sterbe-Liebesgeschichten.

Schon dieses Bild für die Liebe: Es ist wenn es gewährt ist, ein gemeinsame Gehen an den Jordan, ein Begleiten ans andere Ufer, wenigstens für einen. Elisa weiß, Elia weiß. Dies jeweilige Wissen, dass die Trennung naht, ist ein Geheimnis für sich. Und Elia will allein das letzte Stück gehen. Vielleicht will er sich in der letzten Schwäche nicht zumuten, oder wie Menschen nicht das Winken am Bahnhof haben können, wollen sie den Abschied abkürzen. Elia sucht "den scheuen Tod" (E. Drewermann), er will entschlüpfen ohne Zeugen, aber die Liebe will nicht lassen. Denn die Liebe sieht das Sterben nicht als Schäbiges, nicht als Verlöschen und Versinken in den Staub, - Sterben ist der Liebe nicht "auf einen Sarg zugehen". Sondern die Liebe übergibt der Liebe: sie befiehlt den Scheidenden in Gottes Hände, will den Geliebten ins Glück fahren wissen, auf Flügeln der Morgenröte.

"Und gingen die beiden miteinander. Am Jordan dann nahm Elia seinen Mantel und wickelte ihn zusammen und schlug ins Wasser; das teilte sich nach beiden Seiten, so dass die beiden auf trockenem Boden hinübergingen."

Sie kamen durch auch die letzte Strecke gemeinsam; ringsum die Flut des Erschreckens, das Todeswissen, das Leiden am baldigen Voneinander-scheiden-müssen. Aber sie kommen durch, trockenen Fußes, ans andere Ufer, ein Bild auch für das Reich der Bilder und Träume, nah am Paradies, die Liebenden erzählen sich den Hunger nach Vollendung, oder einer bedenkt es für den andern. "Ja , alle Lust will Ewigkeit" (Goethe), darum müssen wir wohl unser Fleisch hier lassen, denn der Leib ist unstet, ist unruhig, wir sind hier noch nicht das ideale Paar, - wir sind nur bestenfalls gerade gut genug uns zu geleiten bis an die Grenze, wo uns Gott die Seele fortküsst aus diesem gebrechlichen und ich-verhafteten Leib. Und dann geben wir gern den Zurückbleibenden was von uns mit, so auch Elia:

"Und als sie hinüberkamen, sprach Elia zu Elisa: Bitte, was ich dir tun soll, ehe ich von dir genommen werde. Elisa sprach: Dass mir Anteile von deinem Geiste zufallen. Er sprach: Du hast Schweres erbeten. Doch wenn du mich sehen wirst, wie ich von dir genommen werde, so wird's geschehen; wenn nicht, so wird's nicht sein."

Also Elisa will Elias geistiges Erbe antreten, will so werden, wie er, jedenfalls in geistlicher Bedeutung für andere. Das ist mehr als den Prophetentalar zu übernehmen, oder seine Bücher auswendig lernen: - Voraussetzung ist: Er weiß Elia als bei Gott angekommen, als existent über den Tod hinaus, als in der Liebe geborgen, denn das war doch die geistige Substanz des Elia, dass wir "von guten Mächten wunderbar geborgen bleiben" und der Liebe gehören. Elisa muß erfahren, dass Elia hinter das Leben geleitet ist, in ein Wachsein nach dem Tode, in Gottes Nähe aufgehoben ist. Das ist Anteilbekommen an dem geistigen Erbe des Elia. Darum sagt er auch: "Schwierig, dein Wunsch. Wenn du mich sehen wirst, wie ich von dir genommen werde, so wird's geschehen; wenn nicht, so wird's nicht sein. Du musst mich in Gottes Händen wissen, dann bist du meines Geistes Kind."

"Und als sie miteinander gingen und redeten, siehe, da kam ein feuriger Wagen mit feurigen Rossen, die schieden die beiden voneinander. Und Elia fuhr im Wetter gen Himmel."

Dies Bild der Liebe: Gott führt seinen Geliebten im Sonnen-Triumphwagen nach Hause - das ist innigstes Vertrauenswissen: Du, geliebt, gebraucht, du Mensch, ewig, persönlich, einzig! Und das ist mitten im Alten Testament! Das Vorbild für Christi Himmelfahrt und für die unsrige: Auch wir dürfen hoffen, heimgeholt zu werden ins ewige Zuhause, auf die Rückseite der Zeit, wo die Vorangegangenen schon wandeln.

Wir sehen wohl nicht dies glühende Bild von der Himmelfahrtexplosion. Aber wir spüren auch: Aus dem leblosen Körper ist die Seele verschwunden. Sein Ich begraben wir nicht. Gott führt ihn heim. Sein Ich und sein Lieben und sein Schuldigwerden und sein erlittener Mangel münden in der Liebe, wir müssen noch um so viel Liebe ergänzt werden.

"Elisa aber sah es und schrie: Mein Vater, mein Vater, du Wagen Israels und seine Reiter! und sah ihn nicht mehr."

Dem Elia ist sein großes Vorbild gestorben, der Fels, der Erleuchtete, ein Gebirge an Weisheit - da bleiben wir zurück als Flachland, er zu schade fürs Sterben, hätten nicht wir eher gehen sollen?

"Da fasste er seine Kleider, zerriss sie in zwei Stücke."

Trauer, Entsetzen, das Gefühl von Verlassensein und Leere, nicht wert, weiter zu leben. Doch dann die Bekehrung zum Selbst. Du bist auch wer, du hast auch einen Weg vor dir, du hast noch viel zu erledigen, du musst noch wahr werden, mehr du selbst: "und hob den Mantel auf, der Elia entfallen war, und kehrte um."

Er nahm den Auftrag, das Erbe an, und lernte, selbst zu leben diesen Glauben an den großen Gott, es zu tun auf seine Weise. So auch wir, bitte. Amen.


 




Service

Startseite
Druckvorschau

Presse-Feed EKD

© 1996-2024 Evangelische Kirche in Deutschland
Weitere News...  

 
Online 6