Predigt 7. März 2004
Keitumer Predigten Traugott Giesen
07.03.2004
Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater der Weingärtner
Johannes 15,1.5.9-11
"Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in
ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun. Das
ist meine Weisung: Bleibt in meiner Liebe! Das sage ich euch, damit meine
Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen werde."
Erstaunlich: das ist das Wort, mit dem ich gern unser Abendmahl schließe.
Auch heute wird es das Erlebnis des Abendmahls zusammenfassen. Es ist doch
eins der ganz starken Bilder des Lebens. Wir brauchen Symbole, Bilder
zusammengeballten Sinns, damit wir begreifen können, was die Wirklichkeit
in Wirklichkeit ist. Gehen wir über Friedhöfe, sehen wir solche
Zeichen, die das Wichtigste ihres Lebens einfangen sollen: Kreuz, Anker,
Herz für Glaunbe, Hoffnung, Liebe oder das Kreuz als das große
Pluszeichen, oder ein Segelschiff alsBild für die Lebensreise, die im
Hafen bei Gott zur Ruhe kommt. Die Menschen jüdischen Glaubens haben
oft die Menora den siebenarmigen Tempel-Leuchter als Bild. Und eins
das wohl stärkste Bild der Christen für ein erfülltes Leben,
auch aus dem Alten Testament, ist der Weinstock. Weinstock und Reben, an
den Reben die Trauben, die Früchte, der Gärtner. Der Weinstock
- eins der ganz starken Bilder der Menschheit, nah am Lebensbaum aus dem
Paradies, der Weinstock als Bild für das fruchtbare Leben, das Freude
gebiert, wohl Bild der Bilder für das, wozu wir gehören.
Wir betrachten uns ja manchem zugehörig, wofür wir alles Beiträge
bezahlen; Vor allem halten wir doch Familie hoch, auch die Übereinkunft
mit dem Arbeitsplatz, wichtig. Aber welche Bindung ist uns so stark, dass
wir ohne sie nicht sein können? Was gehört zu Dir, so stark, wie
Weinstock und Rebe zueinander gehören? Ohne Weinstock, was wäre
die Rebe? Sie ist doch Sproß, an dem die Früchte gedeihen; Rebe
ohne Weinstock ist abgeschnitten und verdorrt. Weinstock ohne Rebe hat ihren
Beruf verfehlt. Wir Reben an Jesus, dem Weinstock, Jesus unser
Lebensrückrat. Da muss man schon ausholen.
Weinstock und den Reben - das Bild steht für das Leben, das Früchte
der Freude bringt. Oder: durch uns beschafft der Lebensbeschaffer Freude.
Oder: Jesus, der Meister der Freude beschafft durch uns Glück und Segen.
Das Gewicht liegt sicher bei Jesus: ohne mich könnt ihr nichts tun,
aber er ehrt doch seine Gemeinde, ohne euch brächte ich keine Frucht,
durch euch fließt hindurch meine Energie, durch euch hindurch wachsen
meine Früchte. Jesu Früchte, die Früchte des Weinstocks, ist
die Liebe in allen Formen, das Erbarmen, die Freude, die Freundschaft, die
glückliche Leidenschaft.
Gott ist der Gärtner, Jesus der Weinstock der Liebe und Freude. Er betreibt
durch uns hindurch sein Wesen, bringt durch uns Frucht und Blüte. Also
das Wesen des Lebens, wie es Jesus offen legt: wir sind da, um Früchte
der Freude zu bringen.
Wein als Bild für die Freude, Jesus Freudenmeister; Verwandler, Lehrer,
Beschaffer von Freude und Liebe. Es ist der Stoff der Symphatie, den Jesus
uns einflößt, Wohlwollen, Ja, wir wollen wohl, das ist die Energie
Christi - Liebe als Wesen Gottes und Sinn von dir und mir, das lebt Jesus
vor, das flößt sein Geist uns ein. Dazu sind uns die Geschichten
des Jesus eine Hilfe, die Seligpreisungen gute Weisung, das Bild des liebenden
Menschen, wie er für Gott einsteht - wir kennen es. Eigenartig, jeder
hat auf dem Grund seiner Seele ein Bild von dem wunderbaren Jesus. Es hilft
uns bei unserer eigenen Garstigkeit oder Egozentrik, - wir sind doch schwiei
erig, auch gerade bei uns selbst - da ist das Bild auf dem Grund unserer
Seele erhebend. Jesus der Hirte, der mich hochhält, der Heilende, der
mich aus dem Beziehungslossein zieht; der vergibt und zu neuem Selbstbewusstsein
aufrichtet als Sohn/ Tochter Gottes.
Grenzenlose, bedingungslose Liebe ist Gott, seine Gebote sind Geländer
fürs sinnvolle Leben, keine Bedingungen für Gottes Gunst - dafür
steht Jesus ein, dafür lässt er sich umbringen. Sein Leiden und
Sterben muß man sich aber nicht auf Breitwand und in grellen Farben
anstarren. Eben kommt der Film Die Passion Christi in die Kinos
und wird wohl ein Riesenrenner: der geliebteste Mensch wird grausam
gequält. Die Martern, die in den Schriften des Neuen Testaments, angedeutet
werden, die sollen in diesem Film horrormäßig bebildert sein-
Ich will den Film mir nicht antun; es ist dies ein sich Weiden am Leid unter
dem Deckmantel der frommen Empörung. Sadismus und Frömmelei - eine
der bittersten galligen Gebräus der Geldschinder. Die Menschheitsqualen
leidet Gott in Christus mit, aber die Qualen als Ferseh-Unterhaltung darbieten-
als Meisterleistung der Maskenbildnerei die in die Stirn gedrückte
Dornenkrone, und wieder Empörung über die die jüdische
Priesterschaft jener Zeit, was wieder ablenkt von unserer Menschheitssünde.
Wir kreuzigen Gott, Christus Jesus doch wieder und wieder in jedem Menschen,
den wir durch Hunger oder Kriegsgewalt oder durch mangelnde Medikamente
umbringen. Laßt uns lieber uns versenken in das Bild vom Weinstock
und den Reben. Ähnlicher als ein Filmschauspieler, der den Gekreuzigten
gibt vor uns, der voyeuristischen Menge ähnlicher sieht der Weinstock
dem Jesus und uns. Weinstock und Reben - das Bild für das Fließen
der Liebe, der Freude.
Es ist ein Bild ohne Wenn und Aber. Wer an mir bleibt und ich in ihm...:
wir müssen der Liebe dienen wollen, es wäre doch
selbstzerstörerisch, die Liebe zu fliehen. Sage keiner, er verspüre
wenig Wohlwollen gegen Mitmenschen und Mitschöpfung, es ist anders,
du bist ja Rebe an seinem Weinstock. Vielleicht saugt dir oft was dein
Wohlwollen, deine Wohlwillkraft ab, vielleicht brauchst du schon viel Energie,
um dir selber, wenigstens dir selbst wohl zu wollen. Es gibt eine
Erschöpfung, da wird einem alles gleichgültig, da verlieren die
Farben ihren Glanz und die Wohlgerüche ihren Duft, da verlieren die
Mitmenschen ihre Verheißung, da scheint alles nur wegnehmend,
bedrängend, und man ist nur negativ froh, dass man sich alles vom Leib
halten kann.
Dann gibt es nur eins: Konzentrier dich auf den Schöpfer oder auf den
Sohn des Schöpfers: Und sage ihm: Gott, Jesus Christus: Gib mir von
deiner Einstrahlung, zeig mir deinen Schutz, deine Hilfe, laß mich
dich fühlen, schenk mir von deiner Leuchtfeuerenergie ein Stück.
Schenk mir voll ein, den Nächsten zu lieben und mich selbst.. Gib mir
ab von deinem Weinsein, deinem Freudesein, mach mich wieder zugeneigt und
halte mich brauchbar fürs Leben. Und was ist Jesus Antwort: Keine Pflichten,
Strafen, Verzichte, das Ziel ist Freude. Daß eure Freude vollkommen
werde, dazu bleibt in meiner Liebe! Ich verstehe es so: Zieht eure
Beglückung nicht aus der Selbsteinschätzung. Nehmt das als eure
Bestimmung: Du bist Rebe am Weinstock der Freude. Du bist dazu da,
durchlässig zu sein für Freudeenergie. Das wisse, an Jesus abgeschaut:
Du bist gut, gut genug, weil du Teil des Guten bist, du musst dir nicht Freude
verdienen, musst nicht Gutsein leisten, Gott, Jesus leistet dich sich.
Jesus ist ja das Sprachrohr Gottes, der Intensivmensch, der Gott in unsere
Sprache übersetzt: Bleibt in meiner Liebe, sagt er, also bezieht euer
Wertsein aus meiner Liebe, die ich gegen euch hege. Also Gott ist für
dich da, das lass die Würde deines Daseins sein.
Also nie mehr du gegen den Rest der Welt, nie mehr musst du dein Glück
machen, sondern dein Glück zulassen. Dass du Gott glückst ist dein
Glück. Und Du glückst ihm: Welch vieles Lieben hat dich doch erreicht?
Welches Lieben hast du doch durchgehalten? Deine Mutter? Deine Kinder, deine
Arbeit, - wieviel Liebe hast du in die Welt gefüllt; anders: hat durch
dich zur Frucht gefunden? Und die Orte, die du liebst, die Wohnung, die durch
dich Liebe ausstrahlt. Und wie du gesättigt wurdest, ist es nicht eine
lange Geschichte der Liebe Gottes, des Lebens mit dir? Allein dein
Gesättigtwerden und anderen Speise und Trank besorgen und reden und
vertragen und klären können, ist doch nur zum Staunen. Du bist
mit Frucht am Baum des Lebens, bist mit Ranke und Rebe, durch die Gottes
Liebe zur Welt kommt und das Leben ein Fest wird: Gott gibt das Fest des
Lebens auch mittels deines Dazutuns,
Darum sei du nicht barbarisch, geh mit der Freude nicht böse,
verächtlich, nachlässig um. Uns geht das Leben als Weinstock auf,
immer wieder neu werden uns die Augen gewaschen an Jesu Bildern vom gelingenden
Leben. Und jeder von uns ist kostbarer Teil davon, wir dürfen nicht
gleichgültig sein gegen das Dasein. Die Jesusenergie, die den Wein,
die Freude treibt, schafft uns neue Hörbegabung für die
Einflüsterung des Gelungenen. Was uns umgibt, ist voll der Ehre Gottes,
es flüstert uns gerade im Contra zu Menschengleichgültigkeit die
Wunderbarkeit des Schöpfungs-Gelingens: Auch sind wir nicht misslungen,
es gelingt Gott mit und durch dich viel. Du bist ihm doch gelungen, lob ihn
doch. Denke nicht schlecht von dir, vor allem. Du bist Rebe am Guten Weinstock.
Lass das gelten. Deinem, meinem kleinen Gehirn stünde es gut an, nichts
für gleichgültig zu halten. Das Leben von Christus gedeutet ist
ein Weinstock, und wir bringen Früchte der Freude. Vielleicht, sicher
etwas klein, aber sie werden noch wachsen.