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Predigt 07.11.2004

Keitumer Predigten Traugott Giesen 07.11.2004

Jesu und unsere Versuchung

Matthäus 4, 1-11

Engel, Kräfte des Guten, sind bei uns. Da gibt es auch einen Engel des guten Zusammenhangs. Der ist Gegenspieler des Diabolos: des Durcheinanderwerfers. Aber wie wir bei Engeln nicht nach Lichtwesen Ausschau halten sollen, so beim Diabolos nicht Ausschau halten nach dem Gehörnten mit Pferdefuß. Luzifer, Beelezebub, Teufel – man muß sie nicht als Figuren vor Augen haben. Das Böse ist nah bei uns.

Auch Jesus war in Versuchung. Begegnete dabei aber keiner Teufelsfigur. Das ins Bild gesetzte Böse hilft, den inneren Dialog Jesu durchsichtig zu machen. Hätte Jesus eine Satansfigur vor sich gesehen, wäre er ja genug gewarnt. Wäre die Bosheit wider Gott doch so klar erkennbar! Aber sie kommt in Gestalt von Ideen, von Menschen, etwa als Petrus den Jesus bei Seite nimmt und sagt: Herr, schone dich, geh nicht ans Kreuz“. Da ist Jesus auf der Hut: "Hebe dich hinweg von mir Satan, Du meinst nicht was göttlich ist, sondern was menschlich ist." (Matthäus16,23). Petrus meinte es nur gut, ohne den Zusammenhang zu bedenken, das ist teuflisch. Am Bösen in der Welt arbeitet sich Gott noch dran ab. Die Hassfülle eines Hitlers und die Grausamkeit eines Dutroux ist nicht erklärbar nur durch Erziehung, Erbgut, gesellschaftliche Verkettung. Jesu sagt mal: Das Böse ist in der Welt, aber wehe dem, durch den es geschieht. (Matthäus 18,7) Das Böse ist da, es ist Gottes und der Menschen Problem. „Es greift nach dir, du aber herrsche über es“ (1. Mose 4, 16). Im Rahmen unserer Kräfte sind wir verantwortlich, so wenig Böses, wie uns nötig, und soviel Gutes wie möglich zu tun. Wir sind schuldfähig, das ist Glanz und Elend von uns Menschen, weil schuldfähig, sind wir auch versuchbar. Mit Versuchung umgehen lernen, heißt von Jesus lernen.

Hört aus der Bibel, aus Matthäus 4: Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt zu den wilden Tieren (ergänzt aus Markus 1), damit er von dem Teufel versucht würde. Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn. Und der Versucher trat zu ihm und sprach: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden. Er aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben (5.Mose 8,3): »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.« Da führte ihn der Teufel mit sich in die heilige Stadt und stellte ihn auf die Zinne des Tempels und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so wirf dich hinab; denn es steht geschrieben (Psalm 91,11-12): »Er wird seinen Engeln deinetwegen Befehl geben; und sie werden dich auf den Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.«

Da sprach Jesus zu ihm: Wiederum steht auch geschrieben (5.Mose 6,16): »Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.« Darauf führte ihn der Teufel mit sich auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit und sprach zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest. Da sprach Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! Denn es steht geschrieben (5.Mose 6,13): »Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen.« Da verließ ihn der Teufel. Und siehe, da traten Engel zu ihm und dienten ihm.

Eben hatte Jesus das Glück, zu hören: Du bist mein lieber Sohn - da ist schon Wüste um ihn, Dürre, Mangel. Eben hört Jesus, Gott hege Wohlgefallen an ihm, da geht ihm das Licht der Freude aus, er steht im Dunklen - allein. Eben noch auf den Höhen des Selbstbewußtsein, - mehr kann man nicht sein als Kind Gottes - und jetzt wie ein verlorenes Schaf, keiner entbehrt ihn, keiner hat für ihn einen Bissen Freundlichkeit, er hat nur die Hitze des Tages und den gestirnten Himmel über sich. Und hat sicher Wehmut. Jesus Tun und Sagen ist ja für uns, aber dazu braucht es vergleichbare Umstände. Neben Jesus im Glück setz deine eigene Wonne: neben Jesus Berufung ist Deine gleichermaßen: Auch du getauft, auch du hast Gottes Familiennamen, auch du ein Mensch an dem Gott Wohlgefallen hat, und auch du hast das Wohlgefallen erlebt, dein voll Freude sein, wie kurz und intensiv auch immer, lass es dir Spiegel sein des höchsten Einverständnisses, ruf Dir ins Gedächtnis: Gottes Wohlgefallen spiegelst du in deinem Glück. Wenn du leer vor Glück warst und deine Augen glänzten „wie frisch ausgeschälte Kastanien“ (P. Handtke), dann warst du mit Gott auf Du und Du, konntest ihm zusingen: „Du bist ein Geist der Freuden, von Trauern hältst du nichts“ (EG 133,6). Aber dann wiederfährt uns auch Absturz, wie vor den Kopf gestoßen, du erstarrt, siehst dich in im Nebelmeer, alleine, Du wie in Watte, kein Halt, keiner ruft an, du bist dir zur Last , wie Elia, Elia, der Prophet, er berserkerte für den Herrn, hatte gewalttätig seinem Gott die Götzenprister geschlachtet, jetzt ist die Königin Isebel hinter ihm her, er legt sich unter einen Wachholder in der Wüste, er findet all sein Tun umsonst, will nicht mehr aufwachen. Unsere Niederlagen sind eine Nummer kleiner, wir erleiden Demütigungen, ohne daß wir die Schlaufe hin zur Demut finden, Erinnerung ist uns entwertet, Phantasie wird ledern.

Du bist in Versuchung, das Tintenfass über dein Lebensheft auszuschütten und jede Zeile zu schwärzen, du bist versucht, deine Seele nur noch für einen blinden Fleck zu halten. Da schau auf Jesus:

Jesus in der Wüste: er hungert, ihn dürstet, Furien springen ihn an, wilde Tiere, sollte er fluchen, Gott absagen, sollte er die Menschheit verwünschen, die Verwandtschaft, die Mitmenschen, die sein Schreien nicht hören, die wilden Tiere der Rache-  wie Dürrenmatts Figur Claire Zaranassian, die als alte Dame ihr immer noch ärmliches Kindheitsdorf besucht. Sie will den inzwischen altgewordenen Mann umgebracht sehen, der sie einst verführt und sitzengelassen hat. Und will sie viele Millionen springen lassen. Rache, ein Untier, aber auch Geiz - ein wildes Tier, dem man sich schwört, wenn man aus dieser Misere noch mal heil rauskommt, dann kenne ich nur noch mich, erste Person Einzahl. Deutschland in der Wüste der Ohnmacht, der Arbeitslosigkeit und des Hungers, 1933 und da kommt Satanisches und macht uns trunken vom Irrsinnstraum der Herrenmenschen, den blonden Bestien, die marschieren, bis alles in Scherben fällt.

 Von Jesus werden drei Versuchungen berichtet, die ihn besonders angingen: Einmal die Einflüsterung: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden. Dann: Stürz dich hinab vom Tempel, Gottes Engel müssen dir doch eine sanfte Landung bereiten. Und drittens: Unterwirf dich dem Bösen, und du besäßest die Erde.

Aus Steinen Brot machen - und so den Hunger stillen, den eigenen und den der Welt - Jesus erkennt: Dann würde man aushebeln das von Gott gesetzte Naturgesetz: Arbeite und esse. Die Erde ist fruchtbar; wenn wir Arbeit und Ertrag fair teilen und auch vorsorgen, dann werden alle satt. Jesus kann nein sagen zur Versuchung, das Wunder der Ernte ohne Arbeit zu begehren, wichtiger ihm, aufs Wort Gottes zu hören, also mit Gott im Einklang zu sein. Aus Steinen Brot machen - was ist das für uns für eine Versuchung? Aus Schund Geld zu machen, aus Chemiepest, aus Betrug, aus Drogen, aus Falschgeld, aus der Verzweiflung anderer Vorteile ziehen? Und vom Tempel sich herabstürzen, wenn Gott will, werde ich gerettet. Für Jesus ist das vielleicht die Versuchung: vor aller Welt als Gottes Held dazustehen, nicht indem er das Leid der Welt trägt, sondern als Paradiesvogel, der Leid wegzaubert. Jesus rettet sich durch Erinnerung: Du sollst Gott nicht versuchen, sollst ihn nicht mutwillig in Lagen bringen, wo Legionen Schutzengel nur dich rausreißen können.

Was ist da unsere Versuchung dran? Riskantes Autofahren und alle andern Sorten Gefahr suchen als Attraktion. Wenn Lebensgefahr dabei ist, nehmen wir den Tod in Kauf, dann gehen wir doch eine Wette ein, die Gott versucht, das Schicksal herausfordert. Wir wollen uns vergewissern, ob Gott uns lieb hat, spielen ein Spiel, spielen mit Gott. Ja, und den Teufel anbeten ist doch dem Bösen dienen. Wir dienen dem Bösen, wenn wir uns des Bösen bedienen, da mögen die Zwecke noch so wohlfeil sein. Jesus sagt (Matthäus 16,26) „Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch schaden an seiner Seele“- Wenn wir nur nur noch Geldvermehrung im Kopf haben und immer mehr Menschen unter unsern Einfluss bringen wollen, werden wir zu Monstern.

In Wüsten, in Entbehrungen, geraten die wilden Tiere besonders üppig, die Tiere der Gier nach Macht und Begehrtsein und Geld. Jesus konnte diesen Versuchungen widerstehen- „ und die Engel dienten ihm“. Das sind die guten Mächte und liebenden Energien, Engel - das sind die guten Kräfte, die in uns stecken und zu uns kommen. Aber so oft von Teufelszeug und Beleidigtsein, von Habgier und Besessensein überdeckt und abgedrängt sind. Da muß man wie Jesus erst mal kräftig nein sagen, nein gegen die leichten Wege zum Erfolg, nein zum Gottbenutzen, nein zu bösen Mitteln. Und dann entfalten sich unsere Engel, die der Sanftmut und des Humors, die der Reue und des Fleißes, die der Demut und des Tröstens und den Engel des guten Zusammenhangs, der hinein nimmt, der verknüpft und dolmetscht und Brücken baut.

Du wirst du durch deine Entscheidungen, fürs Gute. Gott sei Dank sind wir nicht allein mit dem Bösen. Engel helfen uns, und ein besonderers effektiver Engel ist der, der uns ein schlichtes „Nein“ auf die Lippen bringt. Auch der Engel des Stillehaltens ist ein Segen. In der Finsternis, der Wüste abwarten können, um sie als Finsternis Gottes zu begreifen, und nicht nur einfach als Beraubtheit. Der Engel der aus Demütigung mich Demut - Mut zum Dienen - lehrt, der meinen so zielstrebig auf Icherweiterung zielenden  Verstand durcheinanderbringt, und mich, wenn es noch graut, lauschen lässt auf den Vogel, der den Morgen herbeisingt.


 




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