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Traugott Giesen Kolumne 19.08.2000 aus "Die Welt" Ausgabe Hamburg

Das Grausen auf dem Grund

Kein Tod ist uns beklemmender, als der in der Tiefe. Schon die normale Fahrt tief unter Wasser scheint unser einem reiner Horror. Wir halten im Fahrstuhl schon den Atem an, um keine falsche Bewegung zu machen, und sind heilfroh, wenn wir wieder raus sind. Ausschreiten können an frischer Luft, eins der höchsten Menschenrechte � wie darauf für Wochen verzichten?
Schon der Gedanke, aus freien Stücken sich einsperren zu lassen in eine Stahlröhre und Hunderte von Metern abgesenkt zu werden in Meerestiefen, hat etwas von einer Tragödie.
Ins Bergwerk einfahren, dort unter Tage Kohle und Erze schürfen, ist schon eingezwängt genug, aber man darf ja nach Stunden wieder hoch, juchhe. Wir Ungewohnten, wenn wir die dunklen Stollen in Museumsbergwerken gegangen sind, die Hände am kalten Stein, was hatten wir Angst, dass die Kette zum Vordermann abreisse und wir verloren gehen könnten. In Roms Katakomben sprachen wir verängstigt zum flackernden Lichtlein, es möge nicht verglimmen. Und wer, der mal im Luftschutzkeller sass, wird je die Furcht vorm Eingeschlossensein verlieren.
Die Tiefe ist viel bedrohlicher als die Weite. Die Höhe ist nah dem Licht. Aber die Tiefe ist nur Verlassenheit, nur Hölle. �Aus der Tiefe rufe ich zu dir, Gott, erhöre meine Stimme� lautet der 130. Psalm.
Es ist nur Entsetzen, nur äusserstes Grauen, was die Matrosen an Bord der Kursk erleiden. Auch ohne ein U-Boot von innen zu kennen, auch ohne den Thriller �Das Boot� gesehen zu haben, ist die Stahlröhre und Hundert Meter Wasser darüber wie in Beton gegossen. Wenn das Schiff verletzt ist und bewegungsunfähig, wenn kein Strom mehr vorhanden ist, kein Sauerstoff, kein Wasser mehr � dann ist nur kaltes Sterben. Dann ist nur Beben und Beten bis zum Besinnungsloswerden und Erfrieren.
Das Hinfühlen zu diesen unbekannten jungen Matrosen ist voll Zittern und Trauer. Eigentlich ist man doch sehr verwandt. Durch Mark und Bein geht uns das ungehörte Schreien und die schwächer werdenden Klopfzeichen, von denen man las, dass sie verebbten.
Warum? fragen wir. Alle technischen Erklärungen gehören mit zur Frage, sind keine Antwort. Auch die überholten militärischen Forderungen vermehren nur die Frage.
Es macht keinen Sinn, in Meerestiefen umzukommen, so kurz nur geliebt, gelacht, gedacht zu haben, so kurz nur von den täglichen tausend Unerklärlichkeiten überrascht. Als sie ihr Leben aushauchten, wo ist ihr Leben hin, ihre Seele, ihr Ich. Sie bleiben nicht da unten im Wrack wie die Sachen. Die Liebe kann sie nicht da unten lassen. Ihre Person, ihr Ich ist aufgefahren mit Flügel wie Adler. Sie sind �im Haus voll Licht�, wo abgewischt sein werden die Tränen von ihren Augen. Sie sind im Sinn, der die Welt trägt. Andere Schlagzeilen drängen vor. Doch der Jammer bleibt lange.
 
 
 


 




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