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Kolumne 22. Oktober 2005 - <br>Geh mit Gott, aber geh: Vom Abschied in Zeitlupe

Traugott Giesen Kolumne 22.10.2005 aus "Die Welt" Ausgabe Hamburg

Geh mit Gott, aber geh: Vom Abschied in Zeitlupe

Himmel und Erde

von Traugott Giesen

Auch jedem Abschied wohnt ein Zauber inne. Denn auch Aufhören ist wieder Anfang von etwas. Es muß von Zeit zu Zeit gehäutet werden. Umziehen oder ein neues berufliches Umfeld können ganz neue Seiten an mir, in mir auftun.

Grundstürzend ist ein Rausschmiß aus der Ehe oder das Zerbrechen der Familie. Ich stehe allein da, erste Person Einzahl, nicht wissend, an welchem Wir ich noch teilhabe.

Auf dem Felde der Politik ist Wechsel normal. Aber es gibt immer mal Stürze aus einsamer Höhe, vor aller Augen, Knall auf Fall oder wie in Zeitlupe, aber unaufhaltsam. "Gestern noch auf stolzen Rossen, heute durch die Brust geschossen, morgen in das kühle Grab - ach wie bald schwindet Schönheit und Gestalt." (W. Hauff)

Der Abschied von der Macht - was ist daran für viele so bitter, daß sie geknickt gehen, beleidigt, als wäre ihnen grobes Unrecht getan, sie schimpfen sogar noch oder höhnen: Regieren kann nur ich, "ich bin der Staat".

Macht ist verführerisch, auf allen Ebenen. "Die Friedhöfe sind voll von Menschen, die sich für unentbehrlich hielten", sagt man doch. Ja, wenn man stirbt, ist es befremdlich, wie draußen das Leben weitergeht. Alle halten wir uns irgendwie für wichtig, und das ist auch richtig. Aber sich als Politiker nicht vorstellen zu können, nicht wieder gewählt zu werden - das ist doch zumindest unsportlich. Als wäre man aufs Siegen abonniert und alle andern aufs Applaudieren. Doch dann geht eine Wahl anders aus oder ein Ehrenwort platzt oder der Partner bekommt ein besseres Angebot - und schon ist man abserviert.

Wird man auch mit Dank entlassen und finanziell zufriedenstellend und besser abgefunden - künftig zählt die Meinung anderer. Man wird nicht mehr zuerst gegrüßt, sitzt nicht mehr in der ersten Reihe. Hat keine Schlüssel, keine Portokasse, keine zuvorkommenden Mitarbeitenden mehr. Unglaublich, wie schnell man seinen Schreibtisch, sein Zimmer zu räumen hat. Und der, die Neue zieht ein, knapp grüßend, bestellt neue Möbel, setzt die eigenen Duftmarken.

Das ist alles ungeheuer normal. Die alten Griechen sagten: "Käme der tote König nach drei Tagen wieder, er fände keinen Türsteherposten mehr." Man

muß das wissen, wenn man so viel Ehre schöpfte aus der bedeutenden Stellung. Das Amt hat doch bekleidet und erhoben. Und es war nur geliehen und anvertraut und zugemutet auch.

Es ist lächerlich, beleidigt zu sein, wenn sich die Menschen schnell anders orientieren. Und man wieder Karten kaufen muß für Plätze, die einem mal mit Kußhand freigehalten wurden, und andere jetzt die Reden halten. Es ist gut so. Was du nicht mehr sollst, hat Gott anderen vorbehalten. Wünsch' also Segen denen, die bleiben, und denen, die kommen. Nur wer dachte, die Macht wäre sein, der muß beim Abschied leiden. Und wird doch noch sehen, es gibt ein Leben nach dem Amt.

Pastor Giesen erreichen Sie unter: [email protected]


 




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