Traugott Giesen Kolumne 06.09.1997 aus Hamburger Morgenpost
Nach dem Abschied auferstehe!
Dieser Tag ist voll Dynamik. Neben dem privaten Tun und Lassen wird
ein gemeinsames Fühlen die Menschheit durchfluten. Wohl nie waren
so viele Menschen zur selben Zeit traurig und hoffentlich auch neu gestärkt
zum eigenen Leben.
Einige Millionen Menschen werden den letzten Weg säumen und tausend
Millionen Menschen werden am Fernsehen dabei sein, wenn Dianas Leichnam
zu Grabe kommt: "Erde zu Erde in der Gewißheit des Ewigen Lebens"
rufen wir ihr nach. Und: Danke, Gott, sie hat das Vertrauen in die Liebe
gestärkt.
Viele fühlen sich persönlich beraubt. Und auch gestärkt
sehen sie sich durch das Gewicht der Welt, das sie jetzt mittragen. Vielleicht
zum erstenmal spüren sie die Macht des Schicksals, fühlen das
Wehen vom Mantel Gottes. Auch sehen sie sich verbunden, spüren sich
als Glied an dem einen seufzenden, leidenden, der Freundschaft so bedürftigen
Menschenleib. Und fragen: Warum starb diese schöne, hilfreiche, mütterliche,
faszinierende Frau diesen zerreißenden Tod? Und warum haben Charles
und sie sich nicht genügend geliebt? Sie beide hätten doch ein
weises Königspaar gegeben, warum ging das alles nicht?
Jedenfalls ist die Macht des Schicksals tief verborgen in den menschlichen
Wünschen und Anstrengungen. Gott weint mit den Kindern, die ihre Mutter
verloren; weint in uns, denen ein leuchtender Mensch verlöschte. Gott
ist das Ende all unserer Anfänge, er ist das Meer, worin unsere Lebensflüsse
münden. Er ist das Buch und wir die Wörter. Er ist Anfang und
Ende auch von Diana, sie ist mit ihrem geliebten Dodi heimgekehrt in Gott.
Er ist dabei, alles zueinander zu knüpfen.
Jetzt sehen wir den Teppich der Geschichte nur von links, sehen lauter
abgeschnitten wirre Fäden; dann aber werden wir den Teppich der Geschichte
von rechts sehen; und alles gehört zusammen und wird geheilt sein.
Bis dahin sollen wir unser Licht leuchten lassen und uns um gelingen
von Freundschaft und Gerechtigkeit mühen. Wer muß, soll heute
morgen noch reichlich weinen. Aber nach der Beerdigung geht es wieder ran
an das eigene Leben. Gib deine Begabung aus, die ja ein Teil aus dem großen
Kräftehaushalt ist. Gib dein Lächeln, deine Fürsorge; lerne
Pleiten hinzunehmen und neu zu beginnen. Du hast auch viel heiligen Geist
bei dir. Du kannst anderen auch Mut machen zu taugen. �
Diana hat Freude und Kraft in unser Leben gebracht � dafür danken
wir Gott und wissen sie bei ihm im Glück. Jetzt aber wollen und müssen
wir gestärkt wieder an unser Leben gehen. Lang Aufgeschobenes fasse
endlich an, kläre dein Kuddelmuddel, nimm die Arbeit auf. � Hinterbliebene
heißen wir ja, weil geliebte Menschen schon am Ziel sind, wir aber
noch auf der Strecke uns mühen. Laß Di fahren. Sie ist im Heil.
Jetzt kommt es wieder auf dich an. Du bist großer Gefühle fähig.
Überhaupt bist du jetzt dran.