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Traugott Giesen: Wenn Ihr mühselig und beladen seid

"Christus spricht: Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken." (Mt. 11, 28-30)

In einer anderen Übersetzung: "Auf zu mir, all ihr Erschöpften und Überlasteten, ich lasse euch zur Ruhe kommen. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir, denn ich selbst bin wehrlos und erniedrigt der ganzen Herzensgesinnung nach, und ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist angenehm und meine Last ist leicht." (Drewermann)

Dieses Trostwort des Jesus ist ein Versprechen, ein Lockruf, ein Angebot von Oase für verdurstende Seelen.

Vielleicht geht es einigen so gut, dass sie jetzt dieses Wort nicht brauchen. Die Situation aber kann sich schlagartig ändern. Wie am Meer bei eben noch heiterem Himmel Seenebel aufkommen kann, eiskalt und feucht, dass es einen durchschauert, so können sich die Verhältnisse sich mir schnell umstürzen. Dann streckt sich die Seele aus nach dem, der erquickt. Darum ist Auffrischen des Wissens von Christus vorsorglich immer gut.

Hellhörig werden alle die sein in Not. Die von sich wissen, dass sie beladen sind von Schmerz, Mühe, Zweifel, denen die Nachtseiten überwiegen, Gemeinheiten und Zumutungen nah sind, die von sich wissen, welche Last sie am Glück hindert, hört her, kommt her, um Ruhe zu finden für eure Seelen. - Am Altar, auf den Altar kann man ablegen die Lasten, wie wir Erntedank dort die Ernte ausbreiten, können wir unsere Last dort ablegen und ausbreiten.

Welche Mangel macht oft deine Grundstimmung mühselig? Du weißt um dich Bescheid, welche Wunde dir auf Heilung wartet. Du mit deinem Defizit, deinem Handicap, deinem Makel, deiner Erinnerung. - In einer Hinsicht hast du Glück, bist nah am Reich Gottes: Du weißt, was Sache ist mit dir: Du verdrängst nicht wie so mancher in wunschlosem Glück (P. Handke). Du lauschst nach der Stimme des Jesus Christus, Zentralstern der Menschheit. Allein der Name ist schon Heilenergie - wohl das meistgenannte Sehnsuchtswort der Menschheit: Christus, Messias, Gesalbter, Gottesgesandter, Heiland. "Kommt her zu mir ihr Mühseligen und Beladenen" ist das Trostwort überhaupt, Christi ureigene Stimme. So steht er uns in den Herzen, hebt auch dir den Kopf, schaut dich an und die Welt hebt an zu singen.

Denk nicht, der Retter könne sich nicht um dich kümmern, meine nicht, es gäbe Wichtigere, zu denen der Retter der Welt eile. Er bemerkt dich, wie er jene Frau damals bemerkte, die nur seinen Mantel berühren wollte - er stellt sie ins Licht seines Interesse. - So auch dich.

Bist du voll Mühe, bist du bedrückt, bist du überlastet, bist du in Schwierigkeiten, dann bist du eingeladen, bist gemeint. Denk dir, dass du eine Last zum Altar bringst. Denk dir deine Mühe in deine Hände, als Klumpen, leg die Last ab - und ruhe aus. Dann wird die Stimme des Christus dir deutlich: Du, Gott liebt dich, so innig, wie du je einen Menschen geliebt hast und noch mehr. Laß diese Stimme dir wahr sein. Alle anderen Stimmen ebben dann ab. Später schau dir an die abgelegte Last. Muster sie: gehört sie dir? Oder willst du sie nicht mehr? Willst du eine andere Last lieber? Gar keine, das geht nicht, solange das Gewicht der Welt so lastet.

Was bringst du her, legst es Christus vor? Bist du gerne tüchtig aus Lust am Gelingen? Dann gut. Oder bist du tüchtig, weil du immer noch beweisen mußt, dass du kein Versager bist - also dröhnt immer noch eine mächtige Stimme: "Beweise, dass du taugst." Siehst du den Forderer vor dir? Jetzt stell in an den Altar, Christus zwischen euch. Die leuchtende Gestalt Gottes drückt dich zart an sich und stopft mit der anderen Hand dem Dröhner den Mund. Seine Stimmgewalt schrumpft, es wird still, du hörst in dich hinein. Du hörst auf dich, hörst dich, was die innere Stimme dir sagt, was Christus dir sagt: Du gut, du geliebt; jetzt tu was du willst.

Und du, der du einen Traum verabschieden willst, weil er nicht lebbar ist, sondern dir die Kräfte raubt. Leg deinen Traum ab. Immer wenn er wieder kommt, schieb dir das Bild vor dein inneres Auge: der Altar, da liegt dein Traum. Ich bin ihn los, ich bin frei. Das sagt dir Christus. Und seine Energie, überströmt dich - sie rieselt durch dich hindurch als Freudenfülle. - Du, gekappt sind die Leinen, die dich fesselten. Christus erleuchtet dich: Du bist zu schade, hörig zu sein. Du freie Frau, freier Mann.

Und du mit der Lust, dich zu unterwerfen, du gern gehorsamer und darum so leicht ausbeutbarer, mißbrauchbarer Mensch. Sieh den Christus. Auge in Auge mit diesem Bild Gottes kannst du vertrauen, du selbst hast genügend Urteilskraft. Christus flößt dir das Wissen ein: es ist dir gesagt Mensch, was gut ist. Du brauchst nicht Vormünder, Vordenker, Vorbeter, Vorsager, Vorgesetzte für Gewissen. Du weißt, was für dich gut ist im Rahmen deines Umfeldes, mit dem du in Frieden leben willst.
Du, deine Lust, dich zu unterwerfen, leg sie zum Altar, wie ein altes Kleid. Schau sie an, diese Lust, diese Qual, diese kleinmachende Depotenzierung. Du willst keine Verantwortung für dich? Willst Kleinkind bleiben, gierig nach der Amme, sei es der Therapeut, die Sekte oder der Chef oder die Clique oder die unersättliche Familie - Du, Christus spricht dich frei. Du Tochter, Sohn Gottes, gut genug ein eigener Mensch zu sein, gut genug, sich zu erfinden.

Sich erfinden? Das klingt nach Herausziehen am eigenen Haarschopf. Jedenfalls bist du zu schade, dich von anderen designen zu lassen; zu schade, dir eine Identität anpassen zu lassen. Du bist nicht dazu auf der Welt, dass du so wirst, wie andere dich haben wollen. Wie auch andere nicht dazu auf der Welt sind, dass sie so werden, wie du sie haben willst.

Die Kostüme, in die andere dich zwängen mit Zuckerbrot und Peitsche, leg sie an den Altar. Du, Christus spricht dir zu: Erfinde dich, oder besser: finde dich. Was Gott dir in die Seele geritzt hat, diesen Umriß fülle aus. Du weißt, was du mußt. Tu es. Sonst wirst du einst gefragt, warum du nicht du geworden bist. Was gewaltsam andere dir verhindert haben, ist ihre Schuld. Aber deine Schuld wird sein, dass du den Freiraum, du selbst zu werden, nicht genutzt hast.

Es ist bequem, dem Anderen das Sagen zu überlassen. Andere sind dann verantwortlich, dich glücklich zu machen. Räumen wir anderen Macht über uns ein, dann werden wir mitschuldig an ihrer Überheblichkeit.

Und leg an den Altar deine Enge, deine Feigheit, dein spitzfingriges Zensieren und Bemäkeln, deine Angst, in Leid verwickelt zu werden. Schau den Christus an, wie er ruhig die Last trägt, die von ihm getragen sein muß. Und du, dir stärkt sich der Rücken für deine Last. Nicht für alle möglichen, sondern für deine.

Die Last, die Schuld, die irre Sehnsucht an den Altar zu stellen - braucht es Leidensdruck, braucht es Einsicht: Ich will nicht mehr starr und zäh weitermachen. Ich will loslassen, geschehen lassen.

Vielleicht nimmst du nach einer Zeit des Ausruhens deine Last wieder auf. Die Ruhe des Christus hilft, dass du in seiner Nähe nochmal wägst, welche Last zu dir gehört und welche du hier am Altar lassen willst.

Vielleicht ist das deine Last, wie du mit deinem Gebrechen in Würde bestehen kannst und du brauchst fast deine ganze Kraft, dich in deinen schon genügend abgeschmolzenen Verpflichtungen zu mögen. Trotz des Ungenügens, das du nicht abtun kannst, sollst du dich mögen. Das massiert dir der Christus in die Seele. Es kann sein, dass du für andere fast keine Kraft jetzt hast. Dann steh zu deiner Auszeit, nimm Hilfe an, werde aufmerksam und danklustig.

Vielleicht hast du aber Kraft für eine andere Last, für eines anderen Last. Einigen Menschen die Würde, die Menschenwürde, ihre Menschenwürde glaubwürdig machen, ist doch Erquickung. Zeig ihnen, dass sie taugen, stell sie an, laß sie ihre Begabung anwenden können, frag sie nach ihren Erfahrungen, lock in Gespräche, zeig dein Interesse, trainier sie, mach sie schön, laß dich schön machen.

Tauscht Lebenskraft, in welcher Gestalt, da sieh du zu. Einem, einigen entzünde die Lust, gerne zu leben. Einem, einigen sei ein Grund, dass sie gern sie selbst sind.

Der Christus läßt dich nicht mit harten Forderungen am Altar weggehen. Mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht, sagt er dir und lockt dich, du selbst zu werden, wie Gott dich gemeint hat. Ob wir annähernd in diese Richtung leben, dazu haben wir einen nahezu untrüglichen inneren Kompass: du bemerkst dich dann manchmal versonnen lächeln und bemerkst ein Leuchten auf dem Antlitz anderer, Kinder sind da besonders sprühend. Ob wir annähernd mit Christus d'accord sind, merken wir an der Freude, die zum Blühen kommt. "Sie ist einfach eine gute Jahreszeit über dem Herzen." (Rilke) Erquickung, wohl wahr.


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