Keitumer Predigten Traugott
Giesen 13.05.2001
Cantate
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Aus Psalm 107:
Danket dem Herrn; denn Er ist freundlich, und
seine Güte währet ewiglich.
So sollen sagen, die erlöst sind durch
den Herrn,
die irregingen,
die hungrig und durstig waren und deren Seele
verschmachtete,
die dann zum Herrn riefen in ihrer Not,
und Er führte sie den richtigen Weg, dass
sie wohnen konnten:
Die sollen dem Herrn danken für seine
Güte, die Er an den Menschenkindern tut,
dass Er sättigt die durstige Seele und
die Hungrigen füllt mit Gutem.
Und die da sitzen mussten in Finsternis und
Dunkel, gefangen in Zwang und Eisen,
deren Herz durch Unglück gebeugt
ist,
die dann zum Herrn riefen in ihrer Not,
und Er führte sie aus Finsternis und Dunkel
und zerriss ihre Bande:
Die sollen dem Herrn danken für seine
Güte, die Er an den Menschenkindern tut,
Die Toren, die geplagt waren von ihren
Sünden,
dass ihnen ekelte,
die dann zum Herrn riefen in ihrer Not,
Er sandte sein Wort und machte sie gesund und
errettete sie, dass sie nicht starben:
Die sollen dem Herrn danken für seine
Güte, die Er an den Menschenkindern tut,
und seine Werke erzählen mit Freuden.
Die mit Schiffen auf dem Meere fuhren und trieben
ihren Handel auf grossen Wassern,
die des Herrn Werke erfahren haben und seine
Wunder auf dem Meer,
wenn Er sprach und einen Sturmwind erregte,
der die Wellen erhob,
und sie gen Himmel fuhren und in den Abgrund
sanken, dass ihre Seele vor Angst verzagte,
dass sie taumelten und wankten wie ein Trunkener
und wussten keinen Rat mehr,
die dann zum Herrn schrien in ihrer Not,
und Er stillte das Ungewitter, dass die Wellen
sich legten
und sie froh wurden, dass es still geworden
war und Er sie zum erwünschten Lande brachte:
Die sollen dem Herrn danken für seine
Güte, die Er an den Menschenkindern tut.
Singt und spielt dem Herrn in eurem Herzen,
ermuntert einander mit Psalmen und Liedern und sagt Gott Dank alle Zeit für
alles (Epheser 5, 19f). In diesem Wort des Paulus ist Singen und Danken direkt
verknüpft. Das haben wir schon immer geahnt: Singen ist Danken
Danken treibt zum Singen, Pfeifen genügt schon. Dies Atemrauslassen
mit Behagen, es können auch Glücksschnaufer sein oder
Freudengesänge oder ein Liedchen, unter der Dusche gepfiffen; der Herr
wird sich schon seinen Reim darauf machen.
Singt und spielt herrlich diese
Verknüpfung, singt und spielt auf! Vielleicht aber auch spielt miteinander,
dem Herrn, dass er sich freue. Dieses Traumbild erlösten Lebens: das
Herz der Welt freut sich, wenn wir spielen, spielt in uns mit. Spielen jedenfalls
äussert Dank. Sorglos sein dürfen, beschenkt mit Zeit und Lust,
was miteinander zu machen.
Ja auch Arbeiten kann Dank abwerfen, nutzen
können die Gaben, dies Geschicktsein: Kommt einer in den Laden, will
sich nur umsehen, und man hat ihm die Inszenierung einer neuen Einrichtung
geschenkt, und er geht beglückt und bestückt; da kommt doch beim
Einrichter Freude auf, weil er vermochte, das unbestimmte Wünschen zu
bestimmtem Bedarf zu formen. Oder wie man als Pilot die Maschine wieder heil
zur Landung brachte, oder wie man als Stewardessen-Team die schwierigen
Passagiere zufriedengestellt bekam, ohne sich zu verbiegen. Dies
Dankgefühl, weil man was kann und es gelingt. Oder bei der Geburt des
Kindes, dies unermessliche Gefühl, Gottes Partnerin zu sein,
Mitgebärerin an einem Gotteskind.
Oder du hast den richtigen Ton getroffen, hast
dem Gespräch die heilsame Wendung geben können, du merkst, es stimmt
zwischen euch; dieses Dankwissen, aus Staunen. 1000 Abgründe
lauern im Reden, Missverständnisse sind schnell aufgerissen wie Wunden,
dann Zerwürfnisse über Jahre. Und du konntest die Gelegenheit
nutzen; das zur Versöhnung lockende Wort hat sich eingestellt.
Dank, Dank, dies Aufatmen; da weisst du, Gelingen
ist Gnade ohne Verdienst, ist Geschenk, Wunder, einfach angeflogen kommt
es, will nur angenommen werden; nur ein Luftzug der Gelegenheit streift dich,
aber deine Seele hat es gefühlt und konnte die richtigen Worte
finden.
Und das stille Dankbarsein für
förderliche Dinge mag es auch schnell wieder abkühlen
dass die Schere scharf schneidet, und der Ersatzschlüssel bald zur Hand
ist, und die Tablette den Kopfschmerz nimmt, und das Gedicht dir das Ungeziefer
von der Seele zieht: das sind doch die Fäden, aus denen sich das Netz
knüpft eines menschenfreundlichen Daseins, und du darfst es merken.
Dank merken macht gross.
Bemerken, dass mir Gutes getan ist, erhöht
mich doch. Dies Wissen, dass ich gewollt bin, ich gezielt aus den strudelnden
Genen gezogen bin zu mir hin, um ein Gegenüber Gottes zu sein
das erhebt aus dem Staub. Dass dir dein Leben geschenkt ist, ist
ungeheuerlich.
Dank an Gott überspringt nicht die Menschen,
die förderlich sind. Manchmal werden nur die Menschen genannt: Unser
Dank gilt dem Team der Nordseeklinik für die schöne Geburt
steht in der Anzeige. Ob sich der Schöpfer, die Schöpferin alles
Lebens daran gewöhnt hat, zwischen den Zeilen zu lesen, dass der Himmel
mitgemeint ist? Auch die Tiere können Dank gut haben, das unverstellte
Freudenfest des Hundes, dessen Frauchen wiederkommt, ist zum Heulen. Wenn
wir da unser oft knappes Danken und unser Hartgesottensein merken.
Dank an Muttertag wenigstens anrufen
können die Herrschaften; andrerseits ist man ja froh, dass sie wissen,
man hat nichts getan wegen Dank. An den getanen Liebesdienst zu mahnen, also
Dank einzufordern, ist genau so schlimm, wie Dank schuldig zu bleiben. Und
vor allem: Der Dank an die Eltern geht ja nach vorn in die eigenen Kinder,
die Enkel, wenn vorhanden. Und nicht zuletzt der Dank in Form von Hilfe im
Alter.
Dank ist ein heisses Medium, ist ein
Grundnahrungsmittel unserer Seele. Goethe sagte: Begegnet uns jemand,
der uns Dank schuldig ist, gleich fällt er uns ein. Wie oft können
wir jemandem begegnen, dem wir Dank schuldig sind, ohne daran zu
denken.
Wie in Dankbarkeit hineinwachsen?
Hereinwachsen in Dankbarkeit, dazu helfen Eltern
durch ihr eigenes Dankbarsein, für Gesundheit und Begabung. Neidern
kann man mal sagen: Neide nicht, das hab ich mir hart erarbeitet. Aber ich
muss doch innen wissen, dass letztlich Können Gnade ist, Geschenk,
Glück, Gunst, eben günstige Winde, gute Lehrer, fleissiger
Gefährte, Standortvorteile, gute Nase, glückliches Händchen,
Übersehen von Fehlern, gehütet von Verschwiegenen,
Vergünstigungen, guter Ruf weiter, auch weil Vergebung geschah; und
nicht siech von Sucht.
Eltern bereiten Einsicht und Dünkel, Hochmut
und Bescheidenheit vor. Doch wir können weiterkommen. Auch Denken macht
dankbar.
Nicht macht Dank klein; das kann am Rande auch
sein, wenn Grosszügigkeit einen Beigeschmack von Demütigung hat
und beschämt etwa, wenn man einem die Anzüge nachtragen
soll, dankbar.
Aber dass wir was zum Abgeben haben, ist doch
Dank wert. Dass wir Überfluss haben, äussert sich darin, dass ich
was springen lasse. Darum Dank auch für Loslassenkönnen. Manch
einer kann noch nicht grosszügig sein. Noch mag in ihm stecken die Pein,
ausgeliefert zu sein an das Wohlwollen anderer.
Du freu dich über dein Losgebenkönnen
mit leichter Hand.
Ich habe doch kein Recht auf Glück, auf
Gesundheit, Liebe, Auskommen. In andrem Land, von andern Eltern, mit anderen
Neigungen wäre ich ein anderer. Aber ich, du, ich, wir haben doch Grund
zum Danken ohne Ende. In wie viel Not hat nicht der Gnädige Gott über
dir Flügel gebreitet? Und lass dir nicht den Dank für deins stehlen
durch Hinweise auf die Leidenden der Erde. Du bist du. Und bist gerettet
und bist wieder oben und hast noch Freudenperlen und Sonnenuntergänge
und Hundejauchzen und schaust dankbar zurück auf Bestandenhaben einer
grossen Mühe. Du, das Wunderbare deines Lebens ist deine Quelle für
Dankbarkeit.
Allein deine Begeisterungsfähigkeit lässt
doch Gotteslob sprudeln. Deine Begabung, Glück zu fühlen und zu
bereiten, ist Dank an Gott pur und direkt. Und Dank, auch erst nach vielen
Jahren ausgedrückt und eingestanden, lässt Groll schmelzen, und
du fühlst dich warm und weich.
Hereinwachsen in Dankbarkeit: Spür dem
nach, was Dank an dich mit dir macht. Wie du bestärkt wirst.
Forder ruhig von den Kindern Anerkennung ein,
von Kunden, von Mitmenschen, dass sie wenigstens merken deinen Einsatz, ihn
nicht für selbstverständlich halten. Du wirst nicht zum Putzlappen
verachtet und genau so wichtig: die Kinder lernen, dass für den Dreck
zuständig ist, wer ihn macht. Alles andere ist Verabredung, Tausch,
Geschäft.
Danke dafür, dass du gut von dir denken
kannst. Du, denk hoch von dir und deinem Nächsten. Es ist so leicht,
uns für Mist zu halten, so viel Ironie in der Politik, soviel kaltes
Überfahren in der Wirtschaft, so viel Fegefeuer der Eitelkeit im
Showgeschäft. Ja von Erde bist du genommen Mensch. Aber Gott hauchte
dem Lehm eine lebendige Seele ein, seinen Atem.
Diese alte Geschichte vom Lehmkloss, den Gott
formte und beatmet, erzählt, nicht wie der Mensch entstanden ist sondern
wie er ist. Wir sind jeder ein Hauch Gottes, abgesehen davon nur Staub. Gott
als Sprecher: Die Schöpfung als Sprache. Wir sind Angesprochene, beim
Namen Gerufene von dem anredbaren Gott. Hingehauchte, darum auch: ein Hauch
des Nächsten kann uns den Frost von der Seele tauen. Und wir erleben
uns als Teilhabende an dem grossen Atem. Und Dank ist das einzig
vernünftige Verhältnis zum Leben, denn es überschüttet
mit Dingen, die Gott preisen lassen.
Wie in die Dankbarkeit hineinwachsen? Noch mal
dem nachspüren: wie es dich geniert, wenn du dem Kind, dem Enkel auf
die Schaukel hilfst und einen schamlos dankbaren Blick als Lohn
bekommst (Uwe Johnson). Das macht dankbar und uns Mut, Dank zu
äussern. Amen.
Schlußgebet