Keitumer Predigten Traugott
Giesen Neujahr 01.01.2002
Losung 2002: Gott ist meine Rettung; ihm
will ich vertrauen und niemals verzagen. Jes. 12,2
Einzigartig: dieses Scharnier Silvester/Neujahr:
Rückblick, Vorschau, Vorfühlen. Ungeheuerlich die Schubkraft des
Vergangenen. Welche Erfahrung trägt mich. Immer gewitztere Instinkte?
- Offenheit nach vorn, die Losung: Gott ist meine Rettung; ihm will ich vertrauen
und niemals verzagen. Wer ist mir Gott?
Ich, eingelassen in eine sanfte Strömung,
der Geist weht, wo er will. Oder Sonne und Schild. Oder
väterlich-mütterlicher Lebensgrund. Wie ein Kind: Mutter ist da,
so von guten Mächten wunderbar geborgen, Wie ein Vater, einfach weil
er da ist, nicht allein, sondern letzte Rettung, auch wenn man ihn bestiehlt
oder belügt. Man weiß, daß es schlecht ist, aber weiß
auch, daß es mein Vater ist, ich sein Kind bleibe. Auch, wenn ich weit
weglaufe, die Eltern bleiben und halten mir das Elternhaus offen. So viele
Menschen haben die Eltern nicht, alle Eltern müssen aus dem Dienst entlassen
werden, werden selber schwach, brauchen meine Hilfe.
"Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachtete,
bleibst du Gott doch alle Zeit meines Herzens Trost und mein Teil." (Psalm
73). Eine Schutz-und-Schirm-Instanz, - der Kosmos läuft in seinen
Händen, meine Wege in Gottes Handlinien. So unendlich viel Rettung ist
mir geschehen, allein jetzt hier mit meinem Alter, jetzt in Sankt Severin.
Welch ein Aufwand von Helfern und gutem Geschick und Begabung und Vernunft
und Wachheit und Fürsorge anderer - dieses ganze System, dieses Netz
von Elementen und Kräften ist mir Gott, ist mir rettender Gott gewesen.
Ich müsste mir ablaufen lassen ein Endlosband von Bewahrungschnipseln,
Nochmal-gutgegangen-Kurzfilmen, Wiedergut-Geworden-Fotos.-
Und es ist mir ja eingezeichnet ins
Gedächtnis: "Von guten Mächten wunderbar geborgen" - darum bin
ich ja heute auch aufgestanden, bin aus dem Bett in die Senkrechte erhoben
worden. Fasse ein neues Jahr an. Die Menschheit hat doch im Wissensspeicher:
Gott ist unsere Rettung, vor uns Rettung, Heilung, Friede; es wird Friede
werden - dieser Antrieb schiebt doch nach vorn, durch alle Befürchtungen
hindurch.
Die Befürchtungen haben ein neues Bild
bekommen, das Endlosvideo vom 11. September. Der Tod für Tausende in
einem Nu. Allen Naturkatastrophen hat der Mensch begegnen gelernt, kann zumindest
noch fliehen, allermeist, jedenfalls die Gefahr wittern, messen, Vorkehrungen
treffen. Aber Menschen gegen den Menschen - Ungeheuerliches ist uns möglich
an Zerstöung und Leid über die Erde zu bringen und auch Gott zu
verdunkeln bis zur Leere, - aus Wahnvorstellungen, man müsse Gott den
Weg mit Feuer und Schwert bahnen. Und wir könnenen uns selbst zum Wrack
machen, uns verkrümeln bis hin zum Selbstmord, was letztlich doch eine
Flucht in den Sog Gottes ist: man will in den Himmel gewirbelt werden.
Also Furcht und Schrecken haben ein neues
Brandzeichen: die brennenden Türme. Dieser Drohfilm von uns allen
läuft mit. Und dein persönlicher Schreckensfilm läuft mit,
dein Albtraum, dein fast Verloren-Gegangensein-Film läuft mit, immer,
fast immer. Und doch: Gott ist meine Rettung; ihm will ich vertrauen und
niemals verzagen. Ich will ihm vertrauen, will nicht verzagen. Wie bei der
Trauung: ich will, bis daß der Tod uns scheidet. Aus einem Wurzelgrund
Gewissheit; Gott ist meine Rettung. Deine Schutzbilder, fahr sie jetzt auf,
deine Rettungserfahrungen, deine Geschichten aus der Bibel, Petrus im Sturm.
Gehalten, daß er über das Meer der Angst gehen kann, Jesu wunderbare
Brotvermehrung: die Vermehrung der Freude austeilen.
Die härteste Währung auf dem Markt
der Hoffnungen: Jesu Auferstehung. Der Tod verschlingt nur von der Erde,
aber spuckt uns aus in Gottes Liebe. Wie Jona vom Wal ausgepuckt wird am
Ufer. In andere Bilder: mit dem Hund die Sorgen vergessen, mit Enkeln lesen
lernen. Mit dem geliebten Menschen reden auf dem Kissen. Und Musik, die Spur
von Himmel. Und Gebet, und Lachen und Vorfreude, und Lust, mitzuwirken am
bekömmlichen Zusammenleben. Und und und. - Dir ein gutes Jahr unter
dieser Überschrift: "Gott ist meine Rettung; ihm will ich vertrauen
und niemals verzagen." Amen.