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Keitumer Predigten   Traugott Giesen   08.09.2002

Sorget nicht.

"Sorget nicht. Besorgt Eures, aber zersorgt euch nicht. Alle eure Sorgen werfet auf Gott, er sorget für euch!" (1. Petrus 5,7)

Matthäus 6,19-34 "Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen und wo die Diebe einbrechen und stehlen. Sammelt euch aber Schätze im Himmel; wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.
Sorgt nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet; Seht die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr als sie?
Und warum sorgt ihr euch um die Kleidung? Schaut die Lilien auf dem Feld an, wie sie wachsen: sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht. Ich sage euch, dass auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet gewesen ist wie eine von ihnen.
Ihr sollt nicht sorgen und sagen: Was werden wir essen? Was werden wir trinken? Womit werden wir uns kleiden?
Nach dem allen trachten die Heiden. Denn euer himmlischer Vater weiß, dass ihr all dessen bedürft.
Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen.
Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat."

Sorget nicht! Ist mir der am meisten Freiheit schaffende Befehl des Jesus. Sorget nicht! - ein "Sesam öffne dich" für weiten Horizont. "Sorgen" hat im Deutschen zwei Bedeutungen: Einmal "Bemühen", und zweitens: "quälende innere Unruhe, seelische Gedrücktheit". Natürlich hält uns Jesus nicht vom Mühen ab, sagt geradezu jeder Tag hat seine Mühe, seine Plage. Er arbeitete auch bis er müde war, erschöpft floh er manchmal vor den zu vielen Mühseligen und Beladenen, er lässt sich aufs Meer rudern abends, einfach um Ruhe zu finden. Natürlich fischen die Jünger und halten nicht die leere Hand in die Höhe, auf dass der Himmel sie fülle. Natürlich hat einer der Jünger die gemeinsame Kasse; einmal heißt es (Lukas 8,1-3): "Die zwölf Jünger waren mit ihm und einige Frauen, die er gesund gemacht hatte von bösen Geistern und Krankheiten, nämlich Maria Magdalena und Johanna und Susanna, und viele andere, die ihnen dienten mit ihrer Habe." Also Jesus hatte wohl ein entspanntes Verhältnis zum Geld. Es schien immer genug da zu sein für seine Ansprüche, mal rieben sich die Jünger die Körner aus den reifen Ähren, mal waren sie zu Festmählern geladen.

Jesus scheint das gekonnt zu haben, was Paulus von sich behauptete (Philipper 4,11f): "Ich habe gelernt, mir genügen zu lassen, wie's mir auch geht. Ich kann niedrig sein und kann hoch sein; mir ist alles und jedes vertraut: beides, satt sein und hungern, beides, Überfluss haben und Mangel leiden, ich kann arm sein und kann reich sein." Nur gegen das Anhäufen von Geld hat Jesus was, - nichts dagegen, mit guter Leistung mehr Einnahmen zuwege zu bringen, aber das Zeug liegen haben, es horten, das lädt nur die Diebe ein, die es dringender brauchen. Und zieht die windigen Gesellen an, die unserer Habgier Futter geben und leichte Gewinne versprechen; die schleusen geschickt unser Geld durch Gesetzes- und Steuerlücken, bis es uns erntronnen ist, und der Besitz ist gelöchert wie die Kleider von den Motten.

Wo euer Schatz, da ist euer Herz - es ist ja so: wenn wir das Geld auf der Bank für unsern Schatz halten, dann werden wir leicht zum Anhängsel unseres Besitzes. Wir müssen dann die Bilanz-Laufbänder im Auge behalten und schauen nicht in die Augen geliebter Menschen oder die Gemälde der Natur. Dann laden wir uns die innere Unruhe an den Hals, werden verrückt vor Sorgen. Jesus spricht uns frei von quälender, innerer Unruhe, er will uns uns zurückgeben.

"Sorgt nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet". Natürlich sollen wir arbeiten. "Schaffet, dass ihr habt für euch und noch, um was abzugeben an andere. Und wer kärglich sät, wird auch kärglich ernten" (2. Korinther 10,8.6). Ganz normal sind wir verpflichtet, unsere Kräfte einzusäen, unsere Begabungen nicht zu vergraben. Wir müssen unsere Fähigkeiten einspeisen in die Wirklichkeit, dürfen nicht stolz sein, uns auf Knochen anderer auszuruhen. Unsere Fähigkeiten gehören doch mit zu den Werkzuegen, mittels derer Gott für uns sorgt.

"Seht die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr als sie?" An den Vögeln kann man gut klarmachen, was mit dem "Sorget nicht!" gemeint ist: Natürlich mühen sie sich auch den ganzen Tag. Die Stare, die Amseln - was ist das für ein Gepicke, die Möwen - nicht die Verwöhnten an der Promenade, sondern in freier Wildbahn, - was müssen sie jagen und Akrobatik vollbringen, um das von Gott ihnen geschaffene Mahl auch zu ergattern. Aber ihre Freiheit ist: Sie müssen nicht vorsorgen, nicht nachdenken, wie richtig zu säen und zu ernten ist, obwohl sie mit ihren Ausscheidungen ja auch säen, und Picken ist doch auch Ernten. Aber sie müssen nicht einteilen, nicht den kommenden Winter bedenken, nicht planen. Sie fliegen und picken und hegen ihre Jungen. Gott übernimmt es, ihnen das Feld zu bereiten. So auch uns. Wir sollen denken, planen, aber uns nicht für nächstes Jahr zergrübeln. Dann ist Gott auch noch da. Und wird die Grundkonstanten sichern, in denen un zuwächst, was wir brauchen. Wir sollen Hand und Kopf regen, aber uns die Zukunft nicht herbeikonstruieren. Da kommt nur Angst heraus und Panik.

Und warum sorgt ihr euch um die Kleidung? Schaut die Lilien auf dem Feld an, wie sie wachsen: sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht. Ich sage euch, dass auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet gewesen ist wie eine von ihnen. Jesus hatte auch was an, ihm geht es da nicht um den Lobpreis der nackten Körperschöne. Aber nicht so viel Gewese ums Äußere! Wir sind, sagt Jesus, von Natur aus schön, wie die Blumen. Mach dich nicht verrückt wie Salomo mit all seiner Pracht. Das ist ein leichter Seitenhieb auf die Modehörigkeit, für die du zu schade bist, Kind Gottes.

Glaub, dass Gott dich mit hinreichender Schönheit ausgestattet hat, verhunz deinen Köper nicht - leichte Unterstreichungen oder Raffer, reden wir gar nicht drüber, der Punkt ist der: Du bist schön. Mach nicht so viel an dir herum: Bodybuilding, Styling, Edelklamotten, - und du kommst mit deinem Geld nicht aus und musst immer mehr schuften als du Freude hast, nur um mehr Geld für mehr Klamotten zu haben. Und um mehr zu haben, worum man dich beneidet. Kleide dich, wie du dich wohlfühlst, aber nicht um die Schwestern neidisch zu machen. Und der Kerl, der darauf flöge, den willst du sowieso nicht. Jesus und Robert Redford würden die Sorgen um Klamotten doch nur belächeln, oder?

Gott weiß, was wir brauchen. Das sei der Halt für dein Leben. Also vertrauen - nicht ins Auto, dessen bedienen wir uns, vertrauen ist, sich eingebettet wissen in ein Gutes, "wo selbst der Schmerz, den ich verspürte, vom Licht der Sonne gesegnet scheint" (H.Murakami).

Ja, viele kriegen nicht, was sie gebraucht hätten, um ihre Kinder durchzubringen oder um ihr Haus vor den Fluten zu retten oder um den Gewalttäter sanft zu stimmen. "Das ist der Fels des Atheismus" (Georg Büchner)! Doch die Allmacht verhindert nicht mit Gewalt die Sünde in der Welt, sondern erleidet sie. Christen hoffen, dass unsere Sünden einmal aufgesogen sein werden und eine freundschaftliche Welt, Reich Gottes eben, bei uns angelangt ist. Aber noch gehört Raffen und Horten, Wegnehmen und zur Seite Drängen zu unseren Methoden, unseren Anteil uns zu sichern. Aus Angst, aus Vorangst, wir kämen zu kurz, wir ständen mal bettelnd da, wir oder unsere Kinder.

Sicher ist Altersvorsorge uns aufgegeben, anders als früher, wo jeder in einer großen Familie seinen Platz hatte, recht und schlecht. Heute gehört es zur Nächstenliebe vorzusorgen und nicht einfach auf den Staat zu hoffen, den harten, großen Schoß. Aber die Angst kennt kein Genug: Wenn ihr meint, euch absichern zu müssen vor allen Risiken, dann müsst ihr immer mehr Geld beschaffen und immer mehr bewachen und umschichten, aber das ist zum Verrücktwerden. Wer auf sich selbst baut - ein Wörtlein kann ihn fällen, ein Wespenstich, ein Unfall, eine Überschwemmung; am falschen Ort, zur falschen Zeit sein, und ein Attentäter trifft dich. Wer sich sich selbst sichern will, bleibt zu Hause, am besten im Bett. Verrückt, wie viele Menschen sich sichern wollen durch Talismane und Tantren, durch Gehen in abgemessenen Strecken, durch Waschungen, durch Gehorsam gegen Horoskope oder Geisterbeschwörer.-
Jesus sagt: Sorge, zersorge dich nicht, vertraue nur. Wir sind in Gott eingelassen, in ein gutes Lebensgeflecht; wo einer des andern Last mitträgt, wie bist du gerettet, bewahrt, wieder hochgepäppelt worden, wie ist dir wieder Liebe zugefallen, wie kamst du wieder zu Kräften und kannst so viel geben, mit leichter Hand.-

Vertraue, dass Du von guten Mächten wunderbar geborgen bist. Und auch der Tod bricht dich nicht aus der Liebe, aus dem Leben, er führt dich nur eine Stufe weiter. Der Tod ist nur ein Gehen ans andere Ufer, wo wir noch nichts von wissen, aber es ist Gottes Land, Graceland, Gelobtes Land, wovon die Freude hier doch nur ein Schimmer ist.

Jesus will uns in ein heilsames Maß schütteln, wie Luther es wohl hatte: "Wenn ich den ganzen Tag mich bemüht habe um das Evangelium, dann trinke ich abends mein Wittenbergisch Bier und weiß, es läuft." sagte er, "Und vergiss die Angst." - hätte er auch noch sagen können. Die Angst vergessen, weil mich Gott an der Hand hat, der hat keine Angst.

Ach, wir sind komplizierte Geschöpfe, so viel Spuren abgelagerter Angst brüllt noch in uns: Und ein Hungerflash treibt dich, den Kühlschrank leer zu fressen, Verlustangst schürt dein Misstrauen, so dass du alles zerstörst. Bitte, vergiss die Angst. Lebe, genieße dein Leben, deine Speise. Sorge nicht, komm auf ein Normalmaß zurück wie in diesem alten Gebet: "Gott, Armut und Reichtum gib mir nicht, aber mein täglich Brot heute, gib mir" (Sprüche 30,8).-

Wir müssen wieder normal werden und auch unserer Enttäuschbarkeit was zutrauen. Ein Zeitgenosse schreibt: "Als selbstverliebte Menschen haben wir vor nichts solche Angst wie vor dem Gefühl, enttäuscht zu werden. Darum haben wir immer eine Reißleine im Kopf und begeben uns in eine Beziehung nur so weit hinein, dass sicher ist, dass wir auch wieder hinauskommen“( schreibt Illies, Generation Golf). Aber "Sorge nicht, - liebe!" Kann Jesus auch gesagt haben. Sorge nicht! Und freue dich nach Kräften.

Und wenn getrauert sein muß, dann tu das. Es ist Grauen in der Welt; wir müssen Verstand beweisen, müssen mit dem Unerträglichen umgehen, Denkverbote müssen wir auslachen, das Unerträgliche muß auf viele Schultern geladen werden. Wir müssen uns Jesus als glücklichen Menschen vorstellen (Dorothee Sölle), der viel lachte, mit Humor die Ausgegrenzten hereinholte und die Fundamentalisten dem Lachen aussetzte: "Getünchte Gräber" nannte er die Religionsfanatiker seiner Zeit.

Besorgt Eures, zersorgt euch nicht. Das ist auch im Blick auf die nächsten Generationen gesagt: Wir müssen es lassen zu meinen, nach uns ginge es bergab - die Jungen sind nicht schlecht, sie mühen sich, die Enkel fechten's besser aus, steht zu hoffen.

Sorget nicht! Nicht weil das Leben einfach wäre. Einfach scheinen Dinge nur, weil es Zeitungen mit kurzen Sätzen gibt; nicht weil es Einfachheit im wirklichen Leben gäbe. Also besorgt das Leben, bestellt es gut, umsorgt es gut, verknüpfen wir Interessen, stärken einander, schwächen das Böse. Zerquälen wir uns nicht, als sei die Welt uns als Kreuz aufgelegt. Geh weiter. Mach Deins, lebe Deine große Liebe, erarbeite dir mehr Zufriedenheit, indem du, was dich mürbe macht und fahrig, was dich wehrlos macht und schwächt, dir vom Hals schaffst. Und wenn du nackt vom Hof gehst! Arbeite an deinem Glück, da haben auch andere gut von. Und achte auf einen zur Freundschaft Begabten; wenn er dir an die Schulter rührt, nimm an, die Kraft der Vorsehung ist gekommen, um dich aus deiner alten Verzagtheit zu erlösen. Amen.


 




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