Predigt 17. Juli 2005
PREDIGT vom 17.7.2005 von Pastorin Friederike Heinecke, Amrum
Schwerter zu Pflugscharen
Jesaja 2, 1-5
Liebe Gemeinde!
Aus der Übersetzung der Guten Nachricht lese ich Ihnen den Predigttext
für den heutigen Sonntag Jes 2,1-5:
Folgende Botschaft über Juda und Jerusalem bekam Jesaja, der Sohn von
Amos durch eine Vision: Es kommt eine Zeit, da wird der Berg, auf dem der
Tempel Gottes steht, unerschütterlich fest stehen und alle anderen Berge
überragen. Alle Völker strömen zu ihm hin. Überall werden
die Leute sagen: Kommt, wir gehen auf den Berg Gottes, zu dem Haus, in dem
der Gott Jakobs wohnt! Er soll uns lehren, was recht ist; was er sagt, wollen
wir tun! Denn vom Zionsberg in Jerusalem wir Gott sein Wort ausgehen lassen.
Er weist die Völker zurecht und schlichtet ihren Streit. Dann schmieden
sie aus ihren Schwertern Pflugscharen und aus ihren Speerspitzen Winzermesser.
Kein Volk wird mehr das andere angreifen, und niemand lernt mehr das
Kriegshandwerk. Auf, ihr Nachkommen Jakobs, lasst uns in dem Licht leben,
das von Gott ausgeht!
Schwerter zu Pflugscharen -
16 Jahre ist es her, dass Menschen mit diesem Motto friedlich das Ende eines
Unrechtsregimes herbeiführten. Die hermetisch abgeriegelte Grenze zwischen
Deutschland und Deutschland wurde durchlässig und die ehemals stationierten
Waffen wurden eingepackt. Schwerter zu Pflugscharen - hier ist der Text,
der aus weiter Vergangenheit zu uns spricht und so aktuell wie eh und je
ist.
800 vor Christi Geburt ist Jesaja aufgetreten und hat fast 40 Jahre lang
gewirkt, prophezeit. Propheten: sie machen Zeitansagen und sprechen in eine
Situation hinein. Propheten sind Menschen, die von Gott beauftragt sind,
die beauftragt sind, das auszurichten, was als göttlichen Weisung gesagt
werden muss. Die, die es hören sollen, sollen davon aufwachen,
aufgerüttelt werden. Dieser Text rüttelt bis heute.
Der Prophet hat eine Vision: er sieht ein Bild vor seinem inneren Auge, eine
Wirklichkeit, die noch nicht Wirklichkeit geworden ist. Das ist kein Traum.
Es ist nicht phantasiert. Es ist ein Bild von dem, was hier und jetzt sein
könnte - Jesus nannte diese Bilder in seiner Verkündigung "Bilder
vom Reich Gottes.
In dieses Bild möchte ich mit Ihnen hinein gehen - vielleicht ein bisschen
so, wie die Völker hier gehen, pilgern, wandern, in Bewegung, in
Veränderung sind.
Es kommt eine Zeit, da wird der Berg, auf dem der Tempel Gottes steht,
unerschütterlich fest stehen und alle anderen Berge überragen.
Ein Berg. Fest und stabil gegründet, begründet. Fester Grund,
hervorragend aus allen anderen Bergen. Auf der Höhe des Berges ein Haus
für Gott, ein Tempel für die göttlichen Dinge, für das
Heilige. Eine Hütte, eine Kapelle, eine Kirche - ein Dach über
dem Kopf für die, die kommen, Gott zu suchen. Ein Schutz, der Geborgenheit
gibt.
Alle Völker strömen zu ihm hin. Alle kommen, alle die vielen
unterschiedlichen, verschiedenen Menschen kommen an diesen einen Ort, suchen
das Gemeinsame auf, das, was ihnen allen wichtig ist, was sie trägt
und bewegt, so dass sie unterwegs sein möchten, um es zu finden.
Überall werden die Leute sagen: Kommt, wir gehen auf den Berg Gottes,
zu dem Haus, in dem der Gott Jakobs wohnt. Der Ort, an den sie alle
strömen, wird zu Mittelpunkt des Interesses, zum Mittelpunkt der Welt.
Und einer nimmt den anderen mit: Komm, wir gehen zusammen. Alle zusammen,
die vielen verschiedenen, machen sich auf, gehen los und sind gemeinsam in
Bewegung. Das Geheimnis einer Pilgerreise erschließt sich dem, der
unterwegs sein kann, der noch nicht fertig, noch nicht angekommen ist. Zu
dem Haus, in dem der Gott Jakobs wohnt - ein ganz bestimmter Grund ist es,
der Gott Jakobs. Jakob, das war der Lügner, der seinen Bruder um das
Erstgeburtsrecht betrogen hat. Jakob, das war auch der, der am Fluss mit
dem Engel gekämpft hat, eine ganze Nacht lang. Und der, schwer verletzt
zu dem Engel sagte: ich lasse dich nicht los, bevor du mich segnest! Jakob
bekam darauf hin von dem Engel einen neuen Namen: Israel - Gottesstreiter.
Kommt, wir gehen auf den Berg Gottes, zu dem Haus in dem der Gott Jakobs
wohnt. Er soll uns lehren, was recht ist; was er sagt, wollen wir tun! Dieser
Gott lehrt. Menschen lernen durch Gott zu leben. Lernen, was recht ist. Recht
und Gesetz ist nicht immer gerecht. Lernen, was recht ist, das meint, sich
an der Tora zu orientieren, an den Geboten, und aus ihnen Wege zum Leben,
Wege ins Leben ableiten. Lernen, was recht ist - und es auch tun. Wie oft
tut man, was nicht recht ist, wie oft weiß man, was man tun sollte
und tut es nicht - das zählt alles nicht. Lernen, was recht ist und
es auch tun. Das allein zählt. Denn vom Zionsberg in Jerusalem wird
Gott sein Wort ausgehen lassen. Er weist die Völker zurecht und schlichtet
den Streit. Da ist der Berg, da ist das Haus, alle Menschen kommen von
überall her, sie lernen, sie verändern sich, sie gehen verändert
wieder fort.
Und nun erheben wir uns und sehen auf das Ganze: wie ein Leuchtturm steht
dieser Berg, von dem Recht und Weisung ausgeht, an die alle sich halten.
Wie ein Leuchtturm, dessen Licht über alle und alles strahlt. Und dieses
Licht ist Frieden. Streit wird geschlichtet, keiner braucht seine Messer
für unfriedliche Dinge, Schwerter werden zu Pflugscharen, zu Geräten,
die im Ackerbau helfen. Kein Volk wird mehr das andere angreifen und niemand
lernt mehr das Kriegshandwerk. Die, die da oben waren, auf dem Berg, die
sind verändert zurück gekommen. Ihre Wut brauchen sie nicht mehr
auf andere richten, keiner wird von ihr beschädigt. Das Kriegshandwerk
lernt keiner mehr.
Ein bisschen verräterisch ist dieser Satz schon. Denn er zeigt, wie
sehr die alte Welt noch die Bilder gibt. Und ich glaube, wir wissen alle,
wie schwer es ist, etwas zu ver-lernen. Einer haut mich, ich haue zurück.
Erst bremse ich meine Hand, wenn ich wieder zurück hauen will. Dann
brauche ich nicht mehr zu bremsen, aber sie zuckt noch. Bis ich dahin gekommen
bin, einfach zu spüren: ich bin wütend, das ist ein weiter Weg.
Und dann möchte ich noch lernen, diese Wut in bessere, andere
lebensförderliche Bahnen zu lenken.
Das Feuer, mit dem die Schwerter zu Pflugscharen werden können, ist
manchmal ganz schön heiß. Aber es geht! Und darum geht es. Die
Schwerter können zu Pflugscharen werden, sie können den Boden so
bereiten, dass darauf fruchtbar etwas wachsen kann. Den Frieden bringt man
nicht mit Bomben, Gewehren und Soldaten, die Krieg wie ein Handwerk
ausüben. Weder für Afghanistan noch für den Irak ist das,
was da geschieht eine Friedensmission. Es ist Krieg. Frieden wird es erst
dann, wenn die Minen geräumt sind und die Pflugschar den Boden öffnet,
um Saat aufzunehmen, die Getreide gibt, das den Hunger stillen hilft.
Der letzte Satz lautet: Auf, ihr Nachkommen Jakobs, lasst uns in dem Licht
leben, das von Gott ausgeht. Auf auf, ihr Gottesstreiterinnen und Gottesstreiter,
öffnet euch. Lernt das Licht in euch aufzunehmen, da oben auf dem Berg.
Und strahlt es in eurer Umgebung aus. Lasst euch von dem Licht verwandeln
und werdet selbst zu Licht in diesem Leben, in dieser Welt. Amen.
s. auch:
http://www.amrum-kirche.de