Keitumer Predigten Traugott Giesen
11.04.1999
Wochenspruch mit kurzer Auslegung (T. G.)
11.04.1999 Quasimodogeniti
Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach
seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen
Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten. 1. Petrus 1,
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Ja, wirklich � Lob und Dank und Staunen � daß wir Erdlinge von
Himmlischen Mächten soviel mitbekommen haben: Sehnsucht, Freude, Lust
und Liebe, Geist und Sprache, Vergebung und Ganzwerdetrieb � sind uns eingeflößt
vom Gott der Barmherzigkeit. Als Vater des Jesus Christus hat das Weltherz
sich uns bekanntgemacht: Er ist uns Staubgeborenen der väterlich-mütterliche
Lebensgrund. Er wirkt in uns, betreibt uns als seine kleinen Filialen.
Das stärke uns in dem Willen zu taugen.
Ostern bringt Lebenszunder
Eben an Ostern haben wir das Auferstehen des Jesus genommen als gehörigen
Schub Lebensmut. Christus, der leuchtender Planet schießt uns Garben
von Mut in die Seele. � Ich suche Worte aus seiner Richtung, die einen
Weg eröffnen, mit mir klar zu kommen. Wo sind Spruchspuren von Lebenszunder?
Das Buch Jesaja, 40. Kapitel, stärkt:
Tröstet, tröstet mein Volk! spricht Gott. Redet mit Jerusalem
freundlich, sagt ihr an, daß ihre Knechtschaft ein Ende hat.
Du Jakob, du Israel, warum sprichst du: Mein Weg ist dem Herrn verborgen
und mein Recht geht vor meinem Gott vorüber?
Weißt du nicht, hast du nicht gehört? Der Herr, der ewige
Gott, der die Enden der Erde geschaffen hat, wird nicht matt, sein Verstand
ist unausforschlich.
Hebt doch eure Augen, seht! Wer hat dies erschaffen und führt
das Sternenheer, ruft sie alle mit Namen? Seine Macht und starke Kraft
ist so groß, daß nicht eins von ihnen fehlt.
Gott gibt den Müden Kraft, und Stärke den Unvermögenden.
Junge werden müde und matt und straucheln und fallen. Aber die auf
den Herrn harren, kriegen neue Kraft, daß sie auffahren mit Flügeln
wie Adler, daß sie laufen und nicht matt, nicht müde werden.
So die Bibel (Jesaja 40, 1, 2, 27, 28, 26, 29 - 31).
Wir suchen ja voneinander das Lebensmittel �Sinn�, suchen Gewißheit,
daß wir doch taugen, doch nötig sind, doch zählen. Mut
soll emporblühen. Wir tun uns gut, wenn wir uns Anteil geben an Erlebtem.
�Auch Erzählen ist eine Art von Großzügigkeit� (Marias).
Wir pflücken vom andern Trost und Lob. Der mit mir vertraut redet,
der leistet Geburtshilfe für meine Seele, wenn, ja wenn das Sprechen
nicht nur der Kommunikation dient sondern comunio sein soll. Aber Botho
Strauß gibt zu bedenken � wo wir miteinander sprechen, grundvernünftig
und einsichtig, da wird das eigentliche machtvolle Dunkel noch gar nicht
berührt.
Zuspruch vom machtvollen Dunkel erfahre ich an diesem alten Text: �Tröstet
mein Volk! Redet mit Jerusalem freundlich�. � Die Stadt der Städte:
Jerusalem vor 2500 belagert, beschädigt, im Krieg � .Wir trauern um
die Menschen im Kosovo.
Und auch du, ich, belagert, beschädigt, nicht im Frieden mit mir,
dir, mit andern? Wer spricht mit uns freundlich? Wir haben es nötig.
Unstillbar ist unser Verlangen, heil geredet zu werden. Als wären
wir alle durch Sprache tief beschädigt; �sind nur Wörter� � ja
von wegen. � Unsere Seele ernährt sich von Worten oder muß darben.
Angebellt, kommandiert, zur Seite gefegt, werden wir entsprechend. � Aber
unendlich wichtiger ist: �Tröstet mein Volk� � spricht die Tiefe des
Lebendigen: Wir sind einander anvertraut, uns aufzurichten und zu bestärken:
Du gut, du Kind Gottes, du der Rede wert, du liebewürdig, du begabt,
du gesucht. Du, mit dir hat das Leben noch viel vor.
Doch da sind Zweifel. Gelegen kommt, daß die Zweifel unserer
Vorfahren bewahrt sind: Auch sie klagten: �Meine Wege sind dem Herrn verborgen
und mein Recht geht vor meinem Gott vorüber? Bist du so verachtet,
so rechtlos? � Ja, die gehetzten Kosovaren, die sich jetzt ausgeliefert
sehen an Haß und Gewalt, und auch serbische Bürger, die getroffen
werden in Haftung für ihren Führer � sie schreien: �Gott, warum
hast du uns verlassen?� �
Wir kommen Gott zu Hilfe, wenn wir helfen. Gott schreit in den Geschundenen:
Warum sind dir Mensch, der du in Sicherheit bist, meine Wege verborgen,
warum läßt du Gottes Recht beiseite � .Läßt Du beiseite
das Recht Gottes auf deine Hilfe? Laßt uns gleich wenigstens eine
merkbare Summe zusammenlegen.
Dann hat auch wieder mein, dein Trostbrauchen ein Recht. Und wir dürfen
uns anziehen das Wort aus der dunklen Tiefe des Lebens: Die auf Gott harren,
kriegen neue Kraft. Nimm das als dir gesagt. Du kriegst neue Kraft, daß
du auffährst mit Flügeln wie Adler. � Herrlich, dies Traumbild
von Stärke und Freiheit; das Eigene, das in dir Angelegte laß
geschehen, gib es aus. Dem Adler muß man nicht sagen �sei Du selbst�.
Wir Menschen aber haben ein bildbares Ich, es ist dehnbar, verkrümmbar,
kann verwässert werden und schön werden. Manchmal fühlt
das Ich sich an als Puzzle, das aus seiner Schachtel gefallen ist, und
es will mühsam zusammenfinden, und es fehlen ein paar Teile, oder
einiges an mir scheint so sperrig, daß ich es gern ablegen würde.
Doch du, du bekommst neue Kraft. Die ordnet dich von innen. Du, die
dunkle Mitte des Lebens ist in dir, etwas von dem leuchtenden Planeten
konzentriert dich ñ du wirst dir gut. Du wirst auffahren mit Flügeln
wie Adler.�
Jünglinge werden müde und matt � das ist mir Hinweis: das
Fähigsein zu Leistung ist nicht die Rettung. � Das Machen und Müssen
muß dabei gelingen, nebenbei ñ tragen aber tut das Harren
auf Gott � die gelassene Gewißheit, getragen zu werden. Nicht das
angestrengte Flügelschlagen macht den Adler fliegen sondern das Adlersein,
das ihm so angemessen ist. So auch wir. � Dies Getragenwerden in den Mühen,
dies Übersichtbehalten, weil die Dunkle-helle Lebensmacht dich betreibt,
das hebt dich in den neuen Tag und knetet dich ein ins Lebendige.
Da sollen wir tun und sagen, was uns aufgetragen ist. Da steh zu dir,
weil du ja letztlich nicht auf eigene Rechnung lebst, sondern auf Gottes
Gehalts- und Verantwortungsliste stehst. Du bist zuständig im Rahmen
deiner Kräfte und deiner Grenzen � Gottes sind Wogen und Wind, aber
Segel und Steuer, daß ihr den Hafen gewinnt, sind euer (Gorch Fock).
Gott wird nicht müde noch matt, er ist mit dir auf dem Weg. Glaub
dir deinen kindlich-unüberwindlichen Willen, es gut zu machen. Und
achte aufs Gelände, die Untiefen, die Riffe � fliegen wie Adler, laß
es dir sein ein Traumbild deiner Freiheit, deiner Kraft, deiner Fürsorglichkeit,
deiner Vernunft.
Du fährst auf. Du fährst aus dem �stahlharten Gehäuse
der Hörigkeit� (Max Weber). � Du läßt hinter dir die Einpeitscher
in deinem Gewissen: �Du bist zur Freiheit berufen, laß dich nicht
mehr in ein knechtendes Joch fangen� (Galater 5, 1).
Gott gibt mir, dir die Kraft zu vertrauen, daß in mir, dir keine
Verrücktheit ist. Du bist hinreichend gesund, nicht um alles zu machen,
aber du kannst mehr, als du ausschöpfst. Du, im Rahmen deiner Kräfte,
fährst du auf wie ein Adler. � Nimm deinen Spielraum unter die Füße,
daß die Aufgaben geschafft werden, die Reize stellen. Du hast genügend
Fähigkeit auch zum Aushandeln. Und lerne Freude aus Verunsicherung
zu ziehen (Christa Wolf).
Vorn immer Gerettetwerden, durch welche Mühen auch immer. � Das
hat doch der Jesus vollbracht: Sein Wissen nimm in Gebrauch: Im Dunklen
ist Halt. � Du wirst auffahren mit Flügeln wie Adler. Amen.