Traugott Giesen Kolumne 31.5.1997 "Hamburger Morgenpost"
Dein Glaube hat dir geholfen!
Eine der stärksten Geschichten des Jesus geht so: Der blinde Bartimäus
saß am Wege, als Jesus nach Jericho kam. Er hörte, daß dieser
berühmte Heiler sich näherte und rief laut: Jesus, erbarme dich.
Und Jesus blieb stehen, rief ihn zu sich, und fragte ihn: Was soll ich dir
tun: Er sagte: Lieber Meister, daß ich sehend werde. Und Jesus sprach:
Gehe hin, dein Glaube hat dir geholfen. Und er wurde sehend.
Wie weiß ich auch nicht. Es ist ein Wunder, wenn ohne medizinische
Erklärung Heilung geschieht. Und die geschieht oft. Und das ist kein
Wunder. Denn erklärbar ist nur, was beobachtbar ist, was meßbar,
statistisch auswertbar ist, was zurückführbar ist auf bekannte
Zusammenhänge. Aber dies Objektive, von Personen und Gefühlen
Losgelöste ist ja nur ein winziger Ausschnitt der Wirklichkeit. Wenn
nur das wissenschaftlich Erklärbare zählte, schenkten wir uns keine
Blumen, küßten nicht, zeugten keine Kinder.
Das Wunderbare, das Schöne, Gute, Beglückende macht uns das Leben
zur Freude. Und woran wir glauben, was uns wichtig ist, worauf wir uns verlassen
- das stärkt unsern Willen, gern zu sein. Gern dasein, gern ich sein
nun ist die stärkste Abwehr gegen Krankeit. Wenn ich glaube, daß
Gott, das Schicksal, die Lebensmitte mich hier auf Erden will, dann hilft
mir dieser Glaube, alt zu werden. Wenn ich weiß, daß ich gebraucht
werde, dann setzt das Heilkräfte in Gang.
Vertraue ich guten Mächten, kann ich auch gelassen mich den Ärzten
überlassen, ich weiß mich für die nötige Operation bei
ihnen in guten Händen, weil diese ja in guten Händen sind. Ich
vertraue, daß mir die Dinge zum Besten dienen. Und, wenn es anders
kommt, als ichs mir wünsche, daß es dann besser kommt.
Gottvertrauen stärkt mich hoffentlich auch, wenn ich Unvermeidliches
auf mich nehmen muß. Was das mit mir macht, der Schmerz, die
Einschränkung, das Nichtmehrkönnen - ob ich dann aus dem mir
Verbleibenden das Bestmögliche mache? Ob ich dankbar für viele
gesunde Jahre den andern Gesunden jetzt ihr Fitsein gönnen kann - das
machte den Glauben beneidenswert.
Eine seriöse Untersuchung in den USA hat dieses Ergebnis: Religion wirkt
sich für den Genesungsprozeß in 84 Prozentder Fälle positiv
aus, in 13 Fällen neutral, in 3 Prozent der Fälle erwies sich Religion
als abträglich.
Vor allem ist Jesus ja ein leuchtendes Vorbild, nicht einfach alles als Schicksal
hinzunehmen und Krankheit nicht als Strafe Gottes zu sehen. Es gibt noch
viele Webfehler in der Schöpfung - und wir sollen helfen, sie
auszuräumen und jedenfalls ihre Folgen zu lindern.
Wie ich einschätze, was geschieht - ist das Feld des Glaubens. Dem Jesus
nachdenken, macht lebensklug, hoffnungsvoll, sinnenfroh und freundschaftlich.
Christliches Wissen stärkt.