Traugott Giesen Kolumne 21.12.1997 aus Hamburger Morgenpost
Weihnachten für Anfänger
Weihnachten feiert die Geburt des wohl wichtigsten Menschenbruders:
Jesus, sein jüdischer Vorname heißt übersetzt: �Gott rettet�
� �Christus�, zu deutsch: �Zum König der Herzen eingesetzt�.
Spuren der Worte und Taten dieses Wunderbaren berichten die vier Evangelien
der Bibel. Er hat Hungernde gesättigt und Kranke geheilt. Er hat Mut
gemacht, kräftig zu begehren, großmütig zu schenken, freudevoll
zu leben.
Er hat das Leben neu vermessen, er hat bis in den Tod ausgelotet, ob
die Liebe noch stärker ist. Viele Menschen glauben ihn für auferstanden
und meinen damit: Gott, das Wesen der Welt hat den Jesus nicht dem Vergessen
überlassen sondern hat ihn in die Zukunft gezogen. Und das ist ein
Versprechen für alle Kreatur: Heil und Frieden stehen aller Welt bevor.
Der Jesus bürgt für eine Gottesmacht, die Liebe pur ist. Jesus
hat dem drohenden Schicksalsgott ein neues Herz eingesetzt und uns neue
Augen, daß wir den Nächsten nicht als Feind sondern als Mitgenossen
ansehen.
Weihnachten ist in der Substanz ein großes Staunen: Gut, zu leben;
gut sich zu mühen auf dieser Erde, auf der auch Jesus gelacht, geliebt,
geweint hat. Es ist ein Freudenfest der Menschenverwandtschaft. �Wohlgefallen
aneinander� wünschen uns die Himmlischen Boten, Frieden und Gott die
Ehre. Ja, noch steht die Vollendung der weihnachtlich heilen Geschichte
aus. Aber die Erzählung von Jesu Geburt zeigt die Welt schon im Zustand
der Gnade. Es ist ein Traumbild, wie auch wir uns die Geburt des Weltenretters
ausmalen: Von allen ersehnt, und doch verkannt, unscheinbar, in niederen
Hüllen. �Es begab sich aber zu der Zeit, daß ein Gebot ausging
vom Kaiser Augustus, daß alle Welt sich eintrage in Steuerlisten.�
Das brachte seine Eltern auf den Weg zum Königsort Bethlehem. �Und
Maria gebar ihren ersten Sohn, und legte ihn in eine Futterkrippe, denn
sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.�
Typisch, daß Engel ins Horn stoßen mußten, damit wir
Irdischen was merken; typisch auch, daß arme Hirten die ersten Anbetenden
sind, sie wittern den Umsturz der Werte: Hunger soll nicht sein, das Teilen
werden wir lernen. � Man muß diese Geschichte lesen, oder als Bachs
Oratorium hören. Wer noch nicht in der Bibel gelesen hat, der hat
eine Sensation seines Lebens noch vor sich, den Anfang einer wunderbaren
Freundschaft. Gönn� sie dir und beschenk� auch einen anderen: Die
Lektüre des Neuen Testamentes beschafft Glückseligkeit.
Die Energie von Weihnachten schlägt weite Kreise: Geschenke, Lieder,
lecker Essen, Familienbande, Einladung. Menschen erfreuen ist gut. Weihnachten
ist einfach die Jahreszeit der Herzen.