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Keitumer Predigten   Traugott Giesen   24.03.2002

Matthäus 26, 36-46 Jesus in Gethsemane

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Vorher zu lesen aus den Lobpsalmen 113-118, die Jesus eben noch beim Abendmahl
mit den Jüngern gesungen hatte:
"Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang, sei gelobet der Name des HERRN!
Der den Geringen aufrichtet aus dem Staube
und erhöht den Armen aus dem Schmutz,
dass er ihn setze neben die Fürsten,
Der Herr ist Hilfe und Schild. Der Herr denkt an uns und segnet uns;
Stricke des Todes hatten mich umfangen,
des Totenreichs Schrecken hatten mich getroffen;
ich kam in Jammer und Not.
Aber ich rief an den Namen des HERRN:
Ach, HERR, errette mich
Und du hast meine Seele vom Tode errettet,
mein Auge von den Tränen, meinen Fuß vom Gleiten.
Ich werde leben vor dem HERRN
im Lande der Lebendigen.
Danket dem HERRN; denn er ist freundlich,
und seine Güte währet ewiglich."

"Da kam Jesus mit ihnen zu einem Garten, der hieß Gethsemane, und sprach zu den Jüngern: Setzt euch hier, solange ich dorthin gehe und bete. Und er nahm mit sich Petrus und die zwei Söhne des Zebedäus und fing an zu trauern und zu zagen. Und Jesus sprach zu ihnen: Meine Seele ist betrübt bis an den Tod; bleibt hier und wacht mit mir!
Und er ging ein wenig weiter, fiel nieder auf sein Angesicht und betete und sprach: Mein Vater, ist's möglich, so gehe dieser Kelch an mir vorüber; doch nicht wie ich will, sondern wie du willst! Und er kam zu seinen Jüngern und fand sie schlafend und sprach zu Petrus: Könnt ihr denn nicht eine Stunde mit mir wachen? Wachet und betet, dass ihr nicht in Anfechtung fallt! Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach.
Zum zweiten Mal ging er wieder hin, betete und sprach: Mein Vater, ist's nicht möglich, dass dieser Kelch an mir vorübergehe, ohne dass ich ihn trinke, so geschehe dein Wille! Und er kam und fand sie abermals schlafend, und ihre Augen waren voller Schlaf. Und er ließ sie und ging abermals hin und betete zum dritten Mal und redete dieselben Worte. Dann kam er zu seinen Jüngern und sprach zu ihnen: Ach, wollt ihr weiter schlafen und ruhen? Siehe, die Stunde ist da, dass der Menschensohn in die Hände der Sünder überantwortet wird. Steht auf, lasst uns gehen! Siehe, er ist da, der mich ausliefert."

Ganz nah geht uns diese Geschichte. Weil wir alle schon verlassen waren und wir auch verlassen haben. Nah auch, weil Jesus so verwundet ist, so voll Angst. Später sagen sich die Jünger einen Kernsatz des Jesus vor, immer wieder: "In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden". Der Ort, wo das Überwinden Gestalt annimmt, ist der Garten Gethsemane in Jerusalem.
Jesus zittert und ist verzagt: Er wird von Angst überwältigt, Lukas erzählt, Dass ein Engel ihn stärken mußte- aber im Gebet wird er aufgerichtet, Kräfte strömen in ihn, die die Angst aushalten. Er kann zum Aufbruch rufen.

Jesus hätte seinem Kreuzestod entrinnen können. Petrus hatte schon versucht, ihn wegzulocken: Das widerfahre dir nur nicht, will er Jesus von seinem Weg abbringen. Aber Jesus nahm die Gefahr des gewaltsamen Todes auf sich, er sucht die Entscheidung: Entweder, mag er gesagt haben: sie glauben mir den liebenden Gott nach, oder müssen mich zum Schweigen bringen. Entweder gilt der Gott der 600 Gesetze und des Gehorsams oder der des Erbarmens und Erneuerns. Jesus prüft, ob die Angst den Auftrag frißt - er soll Gottes Zeuge sein, aber hätte noch vom Auftrag zurücktreten können. Er hätte den Soldaten, die auf ihn angesetzt waren, noch entkommen können.
Wir lassen für viel geringere Bedrohungen ja unsere Berufung fallen. Wir wollen es uns nicht verderben mit der Erbtante oder dem Chef oder mit dem Stammtisch, wir wollen gern gemocht sein. Ich erlebe mein Ich als elastisch, als sehr dehnbar.

Jesus dagegen sieht sein Ich verlorengehen, wenn er jetzt Gott verrät. Er weiß Gott als den Gott der Barmherzigkeit und des Trostes. Und dass er von uns Großmut und Vergebung braucht. Jesus lebt das Vertrauen: "Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Du bereitest mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde, du schenkest mir voll ein" (Psalm23). Doch dieses Vertrauen bringt ihn in Konflikt mit den Herren von Tempel und Staat. Jesus sieht einen bitteren Kelch auf sich zukommen. Er zieht sich ins Gebet zurück. Er nimmt Freunde mit, als er ein Stück beiseite geht. Es überfällt ihn Trauern und Zagen, eine große Wehmut, die liebe Erde zu lassen und das Lachen und die Sonne und die Liebe, die Nächsten - meine Seele ist betrübt bis an den Tod, sagt er, dazu die Angst vor dem Leiden, die Schläge, die kreatürliche Angst, die einen das Blut stocken lässt, den Atem zuschließt, einen ganz in sich zusammenzieht. Bleibt bei mir, sagt den Freunden, wacht mit mir - das Besprechen mit Gott kann die Dinge ordnen und einen in eine Ruhe gleiten lassen, die nicht von dieser Welt ist.

Mein Vater - Dein Wille geschehe - Dietrich Bonhoeffer ist in den letzten Tagen des Hitlerregimes von der Gestapo umgebracht worden, wegen Zugehören zum Freundeskreis des 20. Juli. Bonhoeffer sagte vor seinem Tod: "Ich bin froh, dass ich in Gottes Hand bin und nicht in den Händen der Gestapo". Das ist der Glutkern auch von Jesu Glaube: Von guten Mächten wunderbar geborgen zu sein, auch wenn bös gewordene Gewalt einen anfällt.

Jesus ist uns ganz nah, er bittet, Dass ihm das Leid erspart bleibt, zu schön ist es noch, ohne Schmerzen hierzusein unter der Sonne. Ich nehme dies Flehen des Jesus auch als Freispruch: Ja, wir dürfen am Leben hängen, und sollen es gern bewahren, unseres und anderes, und sollen gern alt werden wollen. Aber Jesus weiß: Noch wichtiger, als am Leid vorbei zu kommen ist, durchs Leid hindurchzukommen. Wenn am finsteren Tal kein Weg vorbei führt, dann geht Gott mit durchs Finstere, schleppt uns hindurch. Und bewahrt mein Ich. Luther sagt es mal so: "Wenns anders kommt, als wir erbitten, kommt es besser."

Jesus betet sich diese Gewissheit an: Es ist der Wille Gottes, für die Liebe in Schmerzen zu bürgen. So gehe ich der Güte Gottes nicht verloren, auch wenn ich durch verrohte Menschenhände hindurch muß, auch wenn die Seele durch das Nadelöhr Tod hindurch muß. Jesus nimmt das Kommende als aus Vater-Mutter-Gottes Hand, auch was er nicht versteht. Es ist wohl so: Das Kommende als Willen Gottes nehmen, als Anfrage und Auftrag und Bitte um Geleit. Im Kommenden kommt Gott auf mich zu, wendet sich an mich: Ich muß darauf reagieren, daraus was machen, was wieder Gott fordert, daraus, und damit etwas weiter zu machen, mit anderen, was wieder mir die Antwort ist. Und ich muß daraus das Richtige machen - so ist Leben ein endlos geflochtenes Gespräch und ein gemeinsam Erfahrens Gott-Welt- Mensch-Ich System.

Jesus glaubt an ein gottdurchwachsenes Leben, nicht: Hier Herodes, die Kranken, die Freunde, die Vögel, die Sonne - und da Gott, nicht hier Erde, dort Ewiges, - sondern Jesus geht mit Herodes und Lazarus um, mit Hunger und Umarmung wie in einer Glocke der Geborgenheit. "Und am Ende bin ich noch immer bei Dir" (Psalm 139), werden wir staunen und uns vorfinden "im Hause des Herrn immer" (Psalm 23).

Menschen können an Gott irre werden: am 11. September, an Auschwitz, an Aids, am Krieg genau an Jesus Orten von damals. Menschen können irrewerden angesichts der gleichgültigen Natur und der brutalen Mitmenschen und der eigenen Selbstzweifel, Dass ein gütiger Welthintergrund sei, ein Gott der Liebe uns in Händen hält, wie kann dieser Glaube uns erhalten bleiben? Dass wenigstens Gott treu ist, ihm eine feste Burg ist, das glaubt es in Jesus. Das weiß er und legt sein Schicksal in die Hände dessen, den er "Mein Vater" und "Unser Vater" nennt.
"Herr gib mir was du willst, ein Liebes oder Leides, ich in beglückt, dass beides aus deinen Händen quillt" - aus deinen Händen nehme ich's hin was mich ängstet, nehme es als Aufgabe, ohne zu grübeln, ob Gott auch Übel schickt. Uns ist geboten zu beten: erlöse uns von dem Bösen.

Jesus ist auch darin uns ein wunderbarer Mensch, weil er uns die Angst nicht ausredet, sondern uns ansteckt, die Angst in Gottes Hände zu legen. Gethsemane, ist der Garten der begnadeten Angst und wird getragen zu dem Trost: "Was betrübst du dich meine Seele, und bist so unruhig in mir: harre auf Gott. Denn ich werde ihm noch danken, Dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist". (Psalm 43,5ff) - so ähnlich gestärkt kommt Jesus aus dem Gebet. Und sieht die Jünger schlafen. Er könnte einen Augenblick den Glauben an die Menschen verloren haben. Sie waren doch Zeuge geworden von so viel wunderbarer Hilfe, haben Anteil gehabt an so viel freundlichem Teilen. Und wo Jesus in seiner Trauer welche brauchte, die es sich auch nahe gehen lassen - schlafen die, als wäre von nichts die Rede. Dies Mitfühlen, dies Merken was los ist, diese frauliche, mütterliche Wachheit ist doch Freundespflicht - aber kein Schimpfen, keine moralische Belehrung, doch Traurigkeit über dies schwache Fleisch - "könnt ihr Freunde nicht eine Stunde mit mir wachen?". Jesus sieht sich verraten und ausgestoßen, schon in Feindesland. Und dennoch geht er wieder hin, bittet noch einmal um Geleit, ist nicht zu stolz, zeigt sein Bedürftigsein, überlässt sie nicht ihrer Tumbheit, schickt sie nicht zum Teufel.

So ist Jesus mit Angst geborgen, nicht vor der Angst. Und leitet uns an, allem Beängstigenden doch irgendwie hoffnungsvoll zu begegnen. "Angst ist hochgradiges Selbst-Bewusstsein" (DeLillo), ganz auf ein Anderes als Ich angewiesen zu sein. Getragen geht Jesus ans Tragen und wir auch. Amen

Schlußgebet


 




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